Die Kunst, länger zu öffnen

Seit sieben Jahren haben zahlreiche staatlichen Museen donnerstagabends länger geöffnet. Doch das Konzept geht nicht auf – zumindest in den großen Häusern. In vielen privaten Museen hält der Besucherstrom auch nach 18 Uhr an

„Wir schließen in zehn Minuten, kommse morjen wieder“, sagt die Museumsaufsicht kurz vor 18 Uhr. Dann wird man unsanft zurück zum Eingang geschoben. Alltag in vielen Museen. Berufstätige Berliner, die interessiert an Kunst und Geschichte sind, haben damit ein Problem: Wenn sie freihaben, sind die meisten Museen bereits geschlossen. Um dies zu ändern, wurde vor sieben Jahren der lange Donnerstag in vielen staatlichen Museen eingeführt. Besucher sollten bis 22 Uhr durch die Ausstellungen flanieren. Die Betreiber versprachen sich zudem, so eine neue, „nachtaffine“ Klientel anzulocken.

Inzwischen müssen sie feststellen, dass der Ansturm ausgeblieben ist. Offenbar ist die Zeit bis 22 Uhr kein lohnendes Geschäft für die großen staatlichen Museen. „Wir sind mit den Besucherzahlen am Abend alles andere als zufrieden“, sagt Christoffer Richartz von den Staatlichen Museen zu Berlin. Er ist der Leiter des Besucherdienstes und erfasst die Besucherzahlen aller 23 staatlichen Museen, die von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) unterhalten werden, darunter die Häuser auf der Museumsinsel und die Neue Nationalgalerie. Diese Publikumsmagneten werden zu 85 Prozent von Touristen besucht, so Richartz. Seine Bilanz: „Die Kultureinrichtungen haben sich zwar den deregulierten Öffnungszeiten des Einzelhandels angepasst, aber nicht erfolgreich. Museum bleibt eine Tagesveranstaltung.“

Viele private Häuser öffnen allerdings recht erfolgreich auch am späten Abend. Etwa das DDR-Museum. Erst seit einem Jahr geöffnet, haben die Ausstellungsräume gegenüber dem Berliner Dom nach Eigenangaben bereits 180.000 Besucher gehabt. „Für mich stand immer fest, dass das Museum an sechs Tagen bis 20 Uhr und Samstag bis 22 Uhr geöffnet haben soll“, sagt Direktor Robert Rückel. Er glaubt, dass es nur durch Öffnungszeiten am Abend möglich sei, Berufstätigen unter der Woche den Museumsbesuch zu ermöglichen. An die Adresse der staatlichen Häuser sagte Rückel: „Ich halte es für einen großen Fehler von Museen, dass sie an einzelnen Tagen schließen und den Abend nicht nutzen.“

Während die großen staatlichen Museen schwächeln, ist das Konzept offenbar in kleineren Häusern erfolgreich: „2007 hatten wir bislang 88.000 Besucher im Museum für Fotografie. Über die Hälfte der Besucher sind davon am langen Donnerstag gekommen“, erzählt Richartz. Auch im Instrumentenkunde-Museum ist man zufrieden. Der lange Donnerstag werde sehr gut angenommen, mittlerweile kommen 60.000 Besucher im Jahr, erklärt Bettina Rippert.

Doch Besucherdienst-Leiter Richartz warnt, dass die Zahlen zwei Aspekte ausblendeten. Zunächst habe man kaum neues Publikum hinzugewinnen können. Dazu kommt, dass Museen besonders am Abend mit dem großen Freizeitangebot der Hauptstadt konkurrierten. „Sollen die Menschen denn morgens früh ins Kino oder in die Kneipe gehen?“, fragt Richartz belustigt.

Und für manche Museen bleiben lange Öffnungszeiten ein Traum – etwa für das Deutsch-Russische Museum in Karlshorst, das sich den Themen Zweiter Weltkrieg und sowjetische Besatzung widmet. „Wir sind fünf hauptamtliche Mitarbeiter – von der Leitung bis zum Hausmeister“, sagt Margot Blank, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Hauses. „Wie sollen da noch längere Öffnungszeiten etabliert werden?“ Das Haus wird komplett vom Bund finanziert und zieht im Jahr rund 40.000 Besucher an. JON MENDRALA