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ZIRKELSCHLUSS Die Mächtigen der ARD stellen klar: Die Skandale des MDR klärt nur einer auf – der MDR

„Der MDR ist eine autonome Landesrundfunkanstalt. Und Herr Reiter informiert uns in dem Umfang, den er für richtig hält“

ARD-VORSITZENDE MONIKA PIEL

Eigentlich hat es ja auch etwas Tröstliches: Trotz aller Skandale hat die ARD ihren MDR-Intendanten Udo Reiter noch lieb. Bis Mittwoch tagten die gesammelten IntendantInnen des Senderverbunds in Berlin und Potsdam. Es war die letzte Hauptversammlung für Reiter, der den MDR nun so vorzeitig wie endgültig zum 31. Oktober verlässt. Weil dieses konkrete Datum aber erst „recht kurzfristig feststand“, wie die ARD-Vorsitzende Monika Piel bei der gestrigen Pressekonferenz in Potsdam formulierte, soll Reiter nun mit allen Ehren bei der ersten Intendantensitzung 2012 offiziell verabschiedet werden, warme Worte der Vorsitzenden sind dann ausdrücklich vorgesehen.

Der Anstaltsverbund gab sich also größte Mühe, trotz der beinahe täglichen Enthüllungen aus dem mitteldeutschen Sendersumpf business as usual zu demonstrieren. Reiter habe die ARD-Runde natürlich informiert, sagte also die ARD-Chefin – doch „der MDR ist eine autonome Landesrundfunkanstalt. Und Herr Reiter informiert uns in dem Umfang, den er für richtig hält“. Ob der Rest der ARD denn mit der Aufarbeitung der Skandale beim MDR, dem Millionenbetrug beim Kinderkanal wie den jüngsten Finanzkapriolen des suspendierten MDR-Unterhaltungschefs Udo Foht zufrieden sei? „Auch das entscheidet allein der MDR“, sagt Piel. Und schiebt noch nach, dass die Vorgänge bei der Dreiländeranstalt für Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen immerhin für Einsatz in den Revisionabteilungen der ARD-Sender sorgen. Sie sitzen gerade daran, eine Übersicht darüber zusammenzutragen, wie bei den Sendern jeweils Gesetze und Richtlinien befolgt würden.

Während die ARD so dem MDR die Aufklärung weitestgehend selbst überlässt, häufen sich in der MDR-Zentrale in Leipzig die offenen Fragen. Zum Beispiel die, was es mit einem Vertrag für „Formatberatung“ auf sich hat, den Foht der Berliner Firma Just for Fun spendierte – und für den bislang keine Gegenleistung bekannt ist. Und nicht nur das: Der auf ein Jahr befristete und mit 40.000 Euro dotierte Betrag wurde doppelt und für zwei Jahre ausgezahlt – macht insgesamt rund 160.000 Euro. Dazu kommt, dass Just for fun laut Handelsregistereintrag nicht eben der klassische TV-Dienstleister ist, sondern laut Handelsregister eher „Hausmeistertätigkeiten und die Ausführung von Holz- und Bautenschutzmaßnahmen“ anbietet.

Beim MDR schweigt man sich zu diesem Punkt weiter aus. Es gibt schließlich Wichtigeres zu tun: Im Politgeschacher um Reiters Nachfolge ist jetzt ein Verfahrensvorschlag für die Intendantenwahl am 26. September aufgetaucht. Bei der Sitzung braucht der vom Verwaltungsrat in der vergangenen Woche ausgekungelte Kandidat, Leipziger Volkszeitungs-Chefredakteur Bernd Hilder, eine Zweidrittelmehrheit der anwesenden Rundfunkratsmitglieder. Bislang wurde davon ausgegangen, dass eine Kandidatur gescheitert ist, wenn diese Mehrheit verfehlt wird. Weil aber genau das bei Hilder durchaus im Bereich des Möglichen liegt, heißt es unter Punkt 9 der Tagesordnung nun, „im Interesse der größtmöglichen Rechtssicherheit sollte der Rundfunkrat zu Beginn von TOP 9 beschließen, dass mehrere Wahlgänge durchgeführt werden können“ – und dass „ein weiterer Wahlgang insbesondere dann infrage kommen [könnte], wenn die notwendige Mehrheit knapp verpasst wird“. Das bedeutet, dass so lange abgestimmt werden soll, bis das Ergebnis stimmt.

STEFFEN GRIMBERG