die taz vor 17 jahren über den schönen vorschlag der grünen, eine ökosteuer zu erheben
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Sie schließt das Ozonloch, lüftet den Treibhausklimadeckel, stoppt die Zersiedelung, fördert den weidenahen Joghurtverzehr, schützt die Maledivenstrände vor Hotelneubauten und verhilft FahrradfahrerInnen zu größerem Wohlstand – kaum ein Übel dieser Welt, auf welches die Ökosteuer keine Antwort weiß. Kein Wunder, daß (fast) alle sie heiß lieben: Unternehmensberater Roland Berger, Greenpeace, die Handwerkskammer Hamburg. Selbst der Bund der Steuerzahler wird sich mit ihr anfreunden, bietet sie doch die einmalige Chance für eine vereinfachende Reform unseres Steuersystems.

Nicht erst seit dem gestern von den Bündnisgrünen vorgelegten Entwurf eines deutschen Ökosteuersystems zeichnet sich ein partei- und interessenübergreifender Konsens über die neue Steuer ab. Sie macht Energieverbrauch und CO2-Ausstoß schrittweise, aber unaufhaltsam teurer. Sie kann, wird sie nur ernsthaft genug verwirklicht, der entscheidende Hebel für den ökologischen Umbau der Industriegesellschaft sein. Eine kalkulierbar ansteigende, aber spürbare Verteuerung von Energie und Treibhausgasen ist das wohl einfachste und wirksamste Mittel für eine echte Wende bei einer Vielzahl weltweit bedrohlicher Trends. Auf längere Sicht könnten Ökosteuern sogar die zerstörerischen Auswirkungen von globaler Weltmarktkonkurrenz dämpfen und die Wiederbelebung regionaler Wirtschaftskreisläufe stärken.

Selten war ein so zentrales politisches Vorhaben durch einen derart breiten Konsens abgesichert. Fehlt also lediglich ein bißchen parteiübergreifende Feinarbeit? Leider nein. Denn: SPD-Tanker Gerhard Schröder wird aufheulen, die RWE ihre NRW-Sozis auf Kurs bringen, die Hobby-Flieger ihre CSU, der Bund der Treibhaustomatengärtner die FDP. Schon das Sperrfeuer einer winzigen, aber einflußreichen Minderheit Ewiggestriger reicht normalerweise aus, echte Reformen zu verzögern, zu verwässern oder gar ganz zu verhindern. Florian Marten, 28. 8. 1995