Zwielichtige Gestalten

WERKSCHAU Epochales und – vielleicht zu Recht – nie Gezeigtes: In zwei Hamburger Kinos laufen alle Filme mit dem Schauspieler Edward Norton

„Kein Mensch lässt sich einfach reduzieren“, hat er selbst gesagt, „deshalb spiele ich gerne Charaktere mit widersprüchlichen Regungen oder Schattierungen von Mehrdeutigkeiten“: Als ungebrochenen, positiven Helden kann man sich Edward Norton kaum vorstellen. Seine Figuren sind meist hochintelligent, neurotisch und undurchschaubar.

„Zwielicht“, der deutsche Titel seines Filmdebüts „Primal Fear“ (8., 10. + 15. 1., B-Movie) von 1996 ist da durchaus programmatisch. Mit der Rolle eines Mordverdächtigen spielte er sich vom Stand heraus in die Topliga der US-Filmschauspieler, wurde für den Oscar als bester Nebendarsteller nominiert. In Milos Formans „The People vs. Larry Flynt“ (11. 1., B-Movie) war er als Anwalt ähnlich raffiniert.

In „American History X“ (8., 15. + 18. 1., B-Movie) gab er zwei Jahre später einen Neonazi, der wegen des Mordes an zwei Afroamerikanern im Knast sitzt. Hier spielt Norton zu gut in einem insgesamt schwachen Film: Er verkörpert den gewalttätigen Faschisten so charismatisch und glaubwürdig, dass man ihm seine spätere reuige Wandlung nicht recht abnimmt.

Die Rolle, die ihn wohl für den Rest seiner Karriere definiert wird, ist 1999 der amerikanische Mann ohne Eigenschaften in David Finchers „Fight Club“ (16. 1., Metropolis), der versucht, seine Identität in sich hinein prügeln zu lassen und so zum nihilistischsten Antihelden der späten 90er-Jahre wurde. Eher eine Fehlbesetzung war er, wiederum 1996, in „Alle sagen: I Love You“ (11. 1., Metropolis); die romantische Komödie ist kaum Nortons Genre, aber Woody Allen sagt ein Schauspieler nicht ab. In „Frida“ (10. 1., Metropolis), dem Projekt seiner damaligen Verlobten Selma Hajek, spielte er 2002 den Politiker Nelson Rockefeller und schrieb am Drehbuch mit.

In 18 Jahren hat er in 26 Filmen gespielt, und sie alle werden in den nächsten Wochen in den Hamburger Kinos Metropolis und B-Movie gezeigt. Die Verantwortlichen möchte man zu dieser Konsequenz beglückwünschen – auch, weil einige Filme nie in deutschen Kinos gezeigt wurden. Was im Fall von „Death to Smoochy“ (14. + 24. 1., Metropolis) durchaus nachvollziehbar ist. Norton spielt einen mittelmäßigen Clown, der eine TV-Show übernimmt und dadurch einen Rachefeldzug seines abgesägten Vorgängers auslöst. Trotz Mitwirkenden wie Regisseur Danny DeVito und Darstellern wie Robin Williams und Catherine Keener: Kritiker und Publikum waren sich einig: einer der schlechtesten Filme des Jahres 2002 – Nortons bislang einziger Flop.

Erfolgreicher, aber offenbar immer noch allzu speziell für die deutschen Verleiher war „Down in the Valley“ (18., 25., 29. + 31. 1., B-Movie) von David Jacobson aus dem Jahr 2005: Darin ist sein mysteriöser Cowboy derart durchgeknallt, dass der Kritiker des New York Magazine lobte: „die Reinheit von Nortons Wahn ist ein wahres Wunder“.  HIP

B-Movie und Metropolis, Hamburg Alle Termine: https://b-movie.de, www.metropoliskino.de