Kraftmeier und Sensibelchen

Gangsta-Rapper und Songschmiedin? Sexistischer Haudrauf und feministisches Sensibelchen? Kleinkriminelle Bekenntnis-Reime und bauchnabelzentrierte Betroffenheitslyrikerin? Nein, B-Tight und Toni Kater passen nicht gut zusammen. Andererseits haben die beiden dann doch mehr gemeinsam als nur die Tatsache, dass sie nun beide ein neues Album herausbringen.

Denn beide standen einst, vor einer goldenen Zukunft, bevor ihre Laufbahn stagnierte. Robert Davis sollte vom auf Provokationen spezialisierten Label Aggro Berlin zum gegen politische Korrektheit, den guten Geschmack und die weiße Mehrheitsgesellschaft Amok laufenden „Neger“ (Songtitel) aufgebaut werden. Damit beschäftigte B-Tight eine Zeit lang das Feuilleton, ließ aber die Mehrheitsgesellschaft weitgehend kalt, während sein alter Kumpel Sido zum Star durchstartete. Selbst der gemeinsame Film „Blutzbrüdaz“ konnte die Karriere nicht anschieben. Ob das dem neuen Album gelingen wird, ist zu bezweifeln: Denn „Retro“ heißt nicht umsonst so und wiederbelebt den alten Battle-Rap. B-Tight erklärt sich selbst zum „König der Rapper“ und „tödlichen Texter“, beschimpft „reiche Kinder“ oder „Schwuchteln“, erinnert sich an „Weiber und Drogen“ und blickt auch ansonsten sentimental in die Vergangenheit. Die Beats dazu sind solide, aber selten aufregend.

Auch Anett Ecklebe schien Mitte der nuller Jahre auf dem besten Wege in die Charts. Verpflichtet vom 2raumwohnung-Label wurde ihre erste Single „Wo bist du“ zum lokalen Berliner Hit. Doch der vielversprechende Start versandete, Toni Kater wurde zur Underground-Künstlerin, die ihre Platten selbst veröffentlicht und für Film und Theater komponiert. „Eigentum“, ihr bereits viertes Album, ist nun der Versuch eines Comebacks. Das soll gelingen mit weniger modischer Aufgekratztheit und mehr altersmilder Reflexion. Über einem melancholischen Klangbild, das schwerelos zwischen Klavierballaden und dem Retro-Futurismus eines Uralt-Synthesizer oszilliert, singt Toni Kater gegen den internationalen Finanzkapitalismus („Heuschrecken“) oder die Rüstungsindustrie („Panzer“) an. Dabei gelingt es ihr seltsamerweise, zugleich naiv und weise, poetisch und doch kämpferisch zu klingen. Der Kraftmeierei, die B-Tight zum künstlerischen Grundkonzept erhebt, setzt Toni Kater entschiedene Gefühlsduseligkeit entgegen. Nein, die beiden passen tatsächlich nicht gut zusammen.

THOMAS WINKLER

■ Toni Kater: „Eigentum“ (Pop Out/Universal), 15. 1., Bi Nuu

■ B-Tight: „Retro“ (RAID/Grooveattack), live 24. 2. im Lido