Bomben, Enthauptungen, Überfälle

In Thailands Südprovinzen leidet die Zivilbevölkerung unter einem seit drei Jahren dauernden Konflikt

BANGKOK taz ■ Thailands Süden kommt nicht zur Ruhe: Allein in den letzten zwei Tagen wurden dort mindestens acht Zivilisten umgebracht. Zwischen Januar 2004 bis heute kamen etwa 2.500 Menschen ums Leben, knapp 90 Prozent davon Zivilisten. Das erklärt Human Rights Watch (HRW) in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht.

Mitte März zum Beispiel war ein Kleinbus mit elf Insassen in der Provinz Yala unterwegs, als er stoppen musste – die Straße war blockiert. Der Fahrer versuchte zu wenden. „Doch plötzlich“, erinnert sich die Thailänderin Supawan, „waren da Männer mit Maschinengewehren. Sie sagten, dass sie alle Buddhisten umbringen würden.“ Supawans 18-jährige Tochter und acht weitere Reisende wurden ermordet.

Bombenattentate, Enthauptungen und tödliche Überfälle sind in der hauptsächlich von moderaten Muslimen bewohnten Region um die Provinzen Yala, Pattani und Narathiwat an der Tagesordnung. „Militante Separatisten benutzen Gewalt gegen Zivilisten, um den Buddhisten Angst einzujagen und sie aus der Region zu vertreiben sowie die Muslime unter Kontrolle zu halten“, kritisiert HRW-Asienchef Brad Adams. Lehrer, Pflegepersonal und Arbeiter, aber auch Mönche und Soldaten sind ins Visier von Militanten geraten.

Bereits in den 80er-Jahren war die Region Schauplatz separatistischer Auseinandersetzungen. „Doch dieses Ausmaß an Brutalität ist alarmierend für uns“, so der Sicherheitsexperte Panitan Wattanayagorn.

Als „Pfeiler einer neuen Generation militanter Separatisten“ benennt HRW eine sich selbst als „Pattani-Freiheitskämpfer“ bezeichnende Gruppe, die innerhalb eines losen, revolutionären Netzwerkes agiert. Sie fordert einen eigenen islamischen Staat.

Begonnen hatte diese neue Welle der Gewalt im Januar 2004. Damals hatten mutmaßliche Rebellen ein Armeecamp in der Provinz Narathiwat überfallen. Die Regierung unter dem damaligen Premier Thaksin Shinawatra verhängte sofort das Kriegsrecht und später eine Notstandsverordnung über die Region. Übergangspremier Surayud Chulanont hat sich zwar öffentlich bei den Muslimen entschuldigt. Menschenrechtsgruppen monieren jedoch, dass die jetzige Regierung zwar die Menschenrechtsverletzungen der Thaksin-Ära anprangere, aber gleichzeitig die anhaltende Mittäterschaft von Militärs und Sicherheitskräften herunterspiele. Für militante Gruppen ist dies indes willkommene Rechtfertigung für immer neue Anschläge.

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