London nimmt U-Bahn zurück

Die öffentlich-private Zusammenarbeit ist gescheitert: Nachdem das private Konsortium Insolvenz angemeldet hat, will sich die städtische Verkehrsbehörde nun lieber wieder selbst um die Sanierung und Instandhaltung der Underground kümmern

VON RALF SOTSCHECK

Londons Bürgermeister Ken Livingstone bleibt ein Ärgernis für die britische Labour-Regierung. Für die Sanierung der maroden Londoner U-Bahn will der „rote Ken“ nicht erneut ein privates Unternehmen suchen. Stattdessen soll die öffentliche Hand wieder die Regie übernehmen. Die zuständige Behörde Transport for London (TfL) hat bereits einen offiziellen Antrag beim Konkursverwalter gestellt, die Verträge des bankrotten U-Bahn-Betreibers Metronet zu übernehmen. Damit wäre in Großbritannien zum wiederholten Mal ein Privatisierungsprojekt nach dem Konzept der sogenannten Public Private Partnership (PPP) gescheitert, das eine Lieblingsidee von Labour ist.

Metronet ist ein Konsortium aus fünf Privatfirmen, das sich im Jahr 2003 im Rahmen einer solchen öffentlich-privaten Zusammenarbeit verpflichtet hatte, neun der zwölf U-Bahn-Linien zu sanieren und für die nächsten 30 Jahre instandzuhalten. Die restlichen Linien gingen an das Unternehmen Tube Lines, die Infrastruktur und der Bahnbetrieb blieben bei der Stadtverwaltung.

Metronet investierte rund 350 Millionen Pfund im Jahr, der Staat schoss jährlich 860 Millionen hinzu. Schon im November 2006 geriet das Konsortium aber in Schwierigkeiten, weil es Unteraufträge zu überhöhten Preisen an die eigenen Mitglieder vergeben und dadurch 2 Milliarden Pfund Schulden aufgehäuft hatte. Daraufhin beantragte es bei TfL zusätzlich gut eine halbe Milliarde Pfund, um die Überschuldung zu vermeiden. Die Behörde sagte jedoch nur einen Bruchteil davon zu, die Banken weigerten sich, weitere Kredite zu bewilligen, und Ende Juli musste Metronet offiziell die Insolvenz beantragen.

Während Livingstone sich immer gegen ein PPP bei der Sanierung der U-Bahn ausgesprochen hatte, ist der frühere Schatzkanzler und heutige Premierminister Gordon Brown ein großer Befürworter der Idee. Dabei ist die U-Bahn nicht das erste PPP-Prestigeprojekt, das scheitert: Fünf Jahre nach der Privatisierung des Schienennetzes der britischen Bahn ging auch dessen Betreiber Railtrack pleite, nachdem es aufgrund mangelnder Investitionen zu mehreren Eisenbahnunglücken mit Todesopfern gekommen war. Das Netz wird inzwischen wieder von einem Staatsunternehmen betrieben.

TfL hat 750 Millionen Pfund bereitgestellt, um die laufenden Wartungsarbeiten an der Londoner U-Bahn zu gewährleisten. Livingstone machte jedoch deutlich, dass er das Geld aus der Staatskasse zurückhaben will. Er kritisierte Browns PPP-Politik zwar nicht direkt, sagte aber, die Probleme würden nicht gelöst, wenn man die U-Bahn-Sanierung nun einer anderen Privatfirma übertrage.

Die Gewerkschaften begrüßten die TfL-Bemühungen. Sie hatten vorige Woche einen dreitägigen Streik ab 3. September angekündigt, weil sich der Konkursverwalter weigerte, die Jobs der 3.000 Metronet-Angestellten zu garantieren.

Londoner Lokalpolitiker warnten dagegen, man müsse die komplizierten Abmachungen genau studieren, bevor die Stadt die Verträge – und damit auch die Schulden – übernehme. Immerhin betreffen die Verträge 157 Bahnhöfe und 347 Züge. Roger Evans vom Transportausschuss sagte: „Wir müssen sicherstellen, dass wir im Interesse der Passagiere handeln.“

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