Elf falsche Bomben

Drei Jahre Haft für eine Frau, die Bombenattrappen baute

MÜNCHEN taz ■ Gutes tun wollte Heide L., gegen den Irakkrieg und die Militärgewalt protestieren. Das Mittel ihrer Wahl, Bombenattrappen, verursachte aber in erster Linie Angst, Chaos und hohe Kosten. Gestern wurde die voll geständige 52-Jährige in München nach nur zwei Verhandlungstagen zu 3 Jahren und 9 Monaten Gefängnis verurteilt.

Der Vorsitzende Richter Norbert Riedmann sagte in der Urteilsbegründung, das Gericht habe sich nicht für die politische Gesinnung von Tätern zu interessieren.

Heide L. hatte zwischen August 2006 und Februar 2007 elf Bombenattrappen in Zügen oder Bahnhöfen deponiert und zudem Slogans an Wände gekritzelt. „Sie hat das Bahnsystem der Bundesrepublik teilweise lahm gelegt“, hatte Staatsanwältin Renate Dinkel gesagt und vier Jahre und neun Monate Haft gefordert. Verteidiger Andreas Fuchs hatte auf höchstens drei Jahre Haft plädiert.

Die Verurteilung erfolgte wegen Störung des öffentlichen Friedens und mehrfacher Sachbeschädigung. Wahrscheinlich wird die gebürtige Thüringerin auch für die Folgekosten ihrer Taten aufkommen müssen. Auf rund 250.000 Euro summieren sich die Verspätungen, Zugausfälle und Evakuierungen, etwa des Ulmer Hauptbahnhofes.

Die ledige Telefonistin ist laut der psychologischen Gutachter hochbegabt und voll schuldfähig. „Ich wollte einmal drastisch protestieren“, hatte Heide L. am Montag zum Prozessauftakt erklärt. Sie habe dagegen angehen wollen, dass der Islam „hier als neues Feindbild“ aufgebaut werde. Die Idee habe sie sich von den zwei – richtigen – Kofferbombern aus dem Libanon abgeschaut, die im Juli 2006 zwei echte Bomben in NRW platziert hatten.

Erst hinterher habe sie gemerkt, dass sie denen am meisten schadete, denen sie helfen wollte. Vor Gericht entschuldigte sie sich am gestrigen Donnerstag für die Angst, die sie unter den Zuggästen verbreitet habe: „Ich hätte diese Form des Protests niemals wählen dürfen.“

MAX HÄGLER