Beten im Traforaum

Orthodoxe Juden eröffnen ein neues Zentrum. Ihre Lehre kritisieren die liberalen Gemeindemitglieder

„Das ist ein weiterer Beweis dafür, dass der Geist der Freiheit und das jüdische Volk Adolf Hitler besiegt haben“, sagt Nathan Kalmanowicz vom Zentralrat der Juden. Als Beweis führt er das ehemalige Umspannwerk im Stadtteil Wilmersdorf an. Das alte Gemäuer hat die jüdisch-orthodoxe Organisation Chabad Lubawitsch zu einem Bildungs- und Familienzentrum umgebaut – und gestern feierlich eröffnet.

Innensenator Ehrhart Körting (SPD) würdigte das „Szloma-Albam-Haus und Rohr Chabad Zentrum als Ausdruck jüdischen Selbstbewusstseins und Zuversicht“. Neben Körting und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier waren Rabbiner aus mehr als 20 Ländern zur Eröffnung gekommen.

Die Synagoge für 250 Gläubige ist im alten Traforaum untergebracht. Männer und Frauen sitzen getrennt voneinander. Neben dem Gebetsraum gibt es ein koscheres Restaurant, einen Judaica-Laden, eine Talmud-Thora-Schule und ein Ritualbad. Chabad Lubawitsch bietet auch Kurse wie Hebräisch oder Jüdische Ethik an. Jedes Jahr sollen zehn Rabbiner ausgebildet werden, plant der Direktor des Zentrums, Rabbi Yehuda Teichtal.

5 Millionen Euro hat der Umbau gekostet. Einen Teil übernahm die Lotto-Stiftung, das meiste Geld aber hat Chabad Lubawitsch durch Spenden aufgebracht. Seit 1996 ist die Organisation in Berlin aktiv. Weltweit betreibt sie rund 3.300 Einrichtungen und stößt wegen ihrer raschen Expansion und der konservativen Ausrichtung bei liberalen Juden auf Kritik. Julius Schoeps, Leiter des Potsdamer Moses-Mendelssohn-Zentrums, bezeichnet das Studium der Lubawitscher als „theologisches Problem“. Ihre Anhänger glauben, anders als das rabbinische Judentum, dass der Messias schon gekommen ist. Chabad Lubawitsch versteht sich trotzdem als Teil der Jüdischen Gemeinde. PETRA KILIAN