Unfassbare Lebensgeschichten

betr.: „Knapp vor Europa“, taz vom 30. 8. 07

Diejenigen, die auf beschwerlichen und oft lebensgefährlichen Umwegen das angestrebte, sichere Zielland erreichen, verzweifeln angesichts bürokratischer Hürden, europäischer Abschottungspolitik und einem allgemeinen Unverständnis. Ein Mensch, der Folter, Vergewaltigung, Hunger und Verfolgung erlebt und überlebt hat und den nur noch der Glaube an ein besseres Leben dazu bringt, tausende Kilometer zurückzulegen, kann einer Abweisung kein Verständnis entgegenbringen. Wie soll man einem traumatisierten Menschen begreiflich machen, dass für ihn hier kein Platz ist und z. B. Massenvergewaltigung und die Tötung der eigenen Familie nicht ausreicht, um aufgenommen zu werden und ein neues Leben zu beginnen? Mit diesen, für „uns“ unfassbaren Lebensgeschichten, wird exilio – Hilfe für Migranten, Flüchtlinge und Folterüberlebende e. V. tagtäglich konfrontiert. Fakt ist, dass eine EU-Grenzanlage auf Dauer nicht ausreichen wird, um die Augen vor den schrecklichen Schicksalen zu verschließen. Europa muss sich damit auseinandersetzen, dass es sich für jegliche Zuwanderung öffnen muss und die Arbeits- und Lebenskraft aller Menschen eine Bereicherung darstellt. Besonders für die Staaten, die an chronischer Überalterung leiden und schon heute nicht mehr wissen, wer die Lasten von morgen tragen soll, muss Umdenken auf der Tagesordnung stehen. SABRINA WEISS, Lindau