Wulff in Hafen-Debakel verstrickt

Ein internes Papier aus Niedersachsens Staatskanzlei zeigt, dass Ministerpräsident Christian Wulff mit einer Niederlage beim Streit um den Jade-Weser-Port nicht gerechnet hat. Die EU-Gelder für den Hafenneubau sind in Gefahr

Ein internes Schreiben aus der Staatskanzlei von Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) belegt die Verstrickung des Regierungschefs in das Debakel um die Vergabe des 480 Millionen Euro schweren Bauauftrags für den Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven. Laut dem der taz vorliegenden Sprechzettel, der für Wulff verschiedene Interpretationen des Urteils des Oberlandesgerichts (OLG) Celle über den Riesen-Bauauftrag für den Jade-Weser-Port skizziert, hat die Staatskanzlei mit der Niederlage vor Gericht nicht gerechnet. Am Mittwoch hatte das OLG die bislang von den Landesregierungen in Bremen und Niedersachsen bevorzugte Baufirma Hochtief aus dem Bieterverfahren ausgeschlossen (taz berichtete). Nun sollen Mittelständler um die Papenburger Firma Bunte den Mega-Auftrag erhalten.

Bislang hatte sich die Kritik auf Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP) konzentriert, der Hochtief bevorzugt hatte. In dem Papier „begrüßt“ Ministerpräsident Wulff jedoch nicht nur unter „Variante A“ den Sieg des Essener Baukonzerns, er kündigt auch Schadensersatzansprüche gegen Bunte an, da die Emsländer ihre rechtlichen Möglichkeiten mit der Einreichung eines dritten Prüfauftrags an das OLG ausgeschöpft hatten. Diese juristische Finte sei „sehr bedauerlich, weil dadurch grundlegende Investitionsentscheidungen für das Land und die Menschen im Nordwesten unnötig aufgehalten werden“, lässt sich Wulff im Sprechzettel zitieren. Die Möglichkeit, dass Hochtief das Baulos verliert, wird kaum in Erwägung gezogen.

Das Papier macht auch klar, dass Wulffs Staatskanzlei zweifelt, ob EU-Gelder in Höhe von 50 Millionen Euro nach Niedersachsen fließen können. Bislang hatte Hirche verkündet, dass die zeitgebundenen Beihilfen auch für weitere Häfen im Land verwendet werden könnten. Wegen drohender Verzögerungen, heißt es im Sprechzettel, sei das Wirtschaftsministerium bereits im Vorfeld des OLG-Beschlusses beauftragt worden, „andere geeignete Förderprojekte ausfindig zu machen“. Die Verzögerung tritt dann ein, wenn bei Eilverfahren gegen den Hafen das Oberverwaltungsgericht Lüneburg nicht schnellstmöglich einen Termin ansetzt.

Die Staatskanzlei verwies darauf, dass das Papier hauptsächlich in Hirches Ministerium entstanden sei. Bunte-Anwalt Ralf Leinemann bezeichnete es als ein „Dokument der Hilflosigkeit“. Es belege, dass Wulff „im Bieterverfahren eindeutig Partei war“. KAI SCHÖNEBERG