LESERINNENBRIEFE
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Im Prinzip ja, aber …

■ betr.: „Solidarität in der Nebenstraße“, „Kein Bad in der Menge“, taz vom 14. 1. 15

Frage an Radio Eriwan: „Stimmt es, dass die Regierungschefs gemeinsam mit der Bevölkerung demonstrieren?“

Antwort: „Im Prinzip ja; aber sehen können Sie das nur in der ‚Tagesschau‘.“ THOMAS HOHENSEE, Berlin

Ich bin ein Mensch

■ betr.: „Brummton der Betroffenheit“, taz vom 13. 1. 15

Nachdem sich in der taz neben Arno Frank, Bernard Holtrop auch andere negativ geäußert haben, dass „Je suis Charlie“ nur eine Phrase sei, möchte ich dagegenhalten.

Natürlich bin ich mit den meisten Menschen nicht einer Meinung, die meisten kenne ich nicht einmal, es gibt auch schlechte Satire, die nur auf Stammtischniveau prollt, aber bei alledem greife ich nicht zu einer Waffe und schwinge mich nicht als alleiniger Besitzer der Wahrheit auf und meuchle Menschen! „Je suis Charlie!“ steht für: Ich bin ein Mensch mit all seinen guten und schlechten Seiten, und niemand hat das Recht, sich als Scharfrichter über mich zu erheben.ARNE MATSCHINSKY, Hamburg

Das bringt uns weiter!

■ betr.: „Ich bin Charlie! Und du nicht?“, taz vom 12. 1. 15, „Die undenkbare Allianz“, taz vom 13. 1. 15

„Ich bin Charlie! Und du nicht?“ Diesen Kommentar von Gereon Asmuth habe ich gestern nur bis zum zweiten Absatz gelesen und dann voll Zorn weggelegt.

Zu dem heutigen Kommentar „Die undenkbare Allianz“ von Ines Pohl kann ich nur sagen: Bravo, das bringt uns weiter! Und zwar nicht nur Sätze wie: „Es ist eine Geste, die berührt. Eine Geste, die Mut macht in diesem noch jungen Jahr, das so schrecklich begann“, sondern auch diese: „Und alle, die sich jetzt so vollmundig zur Freiheit der Rede und Presse bekennen, müssen das in den kommenden Monaten umsetzen. Auch die aufgeklärte Linke, indem sie nicht in Abrede stellt, dass Menschen ihren Unmut auf der Straße äußern dürfen.“

Und ich möchte hinzufügen: auch wenn diese Menschen sich aus unserer Sicht (die der aufgeklärten Linken) schräg und falsch „Pegida“ nennen und zum Teil nicht in der Lage sind, dies sinnvoll zu begründen. Denn an diesem Punkt ist es unsere Aufgabe, ihren Unmut zu analysieren und ihm auf den Grund zu gehen, und nicht, ihnen den Dialog von vornherein zu verweigern. Genauso wenig, wie es unsere Aufgabe sein kann, sie und in diesem Fall auch mich durch – Pardon! – Differenzierereien wie die von Gereon Asmuth angesichts großer Gesten und Momente vor den Kopf zu stoßen, ihren unverarbeiteten Unmut noch zu vergrößern und mit ihm alleinzulassen. Erst heute habe ich den zweiten Teil des zuletzt angesprochenen Artikels gelesen und diesen dann besser und konstruktiver gefunden als den ersten – aber das war eigentlich schon zu spät und lag ausschließlich an der „undenkbaren Allianz“. FRIEDRICH HELM, Hamburg

Mangel an Gespür

■ betr.: „Die undenkbare Allianz“, taz vom 13. 1. 15

Die Tatsache, dass bei dem „Marsch der Millionen“ und dem dortigen Treffen hochrangiger Politiker und Staatsvertreter aus aller Welt kein bekannter Politiker aus den USA dabei war, ist doppelt interessant: Einerseits beweist dies einen Mangel an Gespür für sowohl symbolträchtige und außenpolitisch wichtige Situationen, andererseits zeigt dies auch schlicht den Mangel an Interesse der USA an dem, was in Europa vor sich geht. Freundschaft, Partnerschaft und Solidarität sehen für mich jedenfalls anders aus. MICHAEL ROLF, Nürnberg

Was ist daran berührend?

■ betr.: „Die undenkbare Allianz“, taz vom 13. 1. 15

Nein, Frau Pohl, diese Geste ist keine, die berührt und Mut macht! Diese Geste macht wütend! Sie erwähnen im Kommentar, dass genau diese „44 Regierungschefs“ und auch Menschen, die beim Trauer- und Solidaritätszug durch Paris dabei waren, mit- und verantwortlich sind für weltweite Unterdrückung, Ausgrenzung, Rassismus, Verfolgung, Unfreiheit usw. Dass auch sie in Paris dabei waren, okay. Aber sie hätten am Ende des Zuges, hinter den Millionen laufen müssen und nicht diese anführen! Dies wäre ein ehrlicheres, aufrechteres Symbol gewesen, sich ihrer Verantwortung Hand in Hand nonverbal, aber sichtbar und reflektiert zu stellen! Diese „Verantwortungs“-Geste hätte vielleicht Mut gemacht!

Wir werden davon ausgehen dürfen, ihre vollmundigen Reden, ihre betroffenen Blicke werden morgen wieder konträr zu ihrer Politik sein, wie vor/nach Mölln, Solingen, Rostock, Lichtenhagen, Hoyerswerda und überall auf dieser Welt! Ihre Differenzen, Machtinteressen und Politiken werden sie weiter auf den (Über)Lebens-Existenzen der „Völker/Gruppen“, die sie vertreten, aufbauen/ausbauen, und Menschleben, Menschenwürde und Menschenrechte Einzelner und vieler zählen darin nicht! Was daran ist berührend? Was daran ist Mut machend? Nichts! Das, was aus unserer gesellschaftlichen, offenen „Mitte“ und/oder im Leben Einzelner an Widerstand gegen Unterdrückungen jeder Art immer wieder erkämpft, gelebt, errungen wird, das verdient mein Berührtsein, meinen Respekt, aktiviert immer wieder den eigenen Mut, weiterzumachen gegen jede Form der Unterdrückung! KATHY CZAJA, Düsseldorf