Männlich, Ende 40, frustriert

PEGIDA Die TU Dresden fragte, wer montags auf die Straße geht

Der Leiter der Studie empfiehlt mehr Volksentscheide, um den Protest einzubinden

DRESDEN taz | Anders als von Journalisten und Beobachtern wahrgenommen, verfügen die Dresdner Pegida-Demonstranten im Schnitt über mittlere Bildungsabschlüsse und gehören mehrheitlich der etwas besser verdienenden Mittelschicht an. Das hat die erste empirische Erhebung unter Dresdner Montagsdemonstranten durch die Technische Universität Dresden ergeben, deren Ergebnisse am Mittwoch vorgestellt wurden.

Unter Leitung des Politikwissenschaftlers Hans Vorländer waren am 22. Dezember sowie am 5. und 12. Januar Interviews mit Demonstranten geführt worden. Nur ein gutes Drittel der Angesprochenen war auskunftbereit. Das relativiert die statistische Relevanz der 400 verwertbaren Antworten.

Laut der Studie sind diese Pegida-Teilnehmer zu drei Vierteln männlich und im Schnitt 48 Jahre alt. Immerhin 16 Prozent haben Abitur, ein Viertel einen Hochschulabschluss. Jeder fünfte ist selbstständig, nur 2 Prozent suchen Arbeit. Die 15 Interviewer und Auswerter am Zentrum für Demokratieforschung der TUD waren überrascht über das relativ hohe Einkommensniveau. Jeder fünfte Antwortende verdient mehr als 2.500 Euro netto im Monat. Drei Viertel gehören keiner Konfession an, und 62 Prozent fühlen sich keiner Partei verbunden. An erster Stelle der Parteipräferenzen steht erwartungsgemäß mit 17 Prozent die AfD.

Nur noch ein Drittel der Pegida-Demonstranten stammt aus Dresden, der Rest aus ganz Sachsen und Ostdeutschland, 6 Prozent kommen aus dem Westen. Als Grund für ihre Fahrt nach Dresden nennen 54 Prozent die allgemeine Unzufriedenheit mit der Politik – und nicht die Distanz zum Islam, die Pegida den Namen gab. Nur 15 Prozent äußern Vorbehalte gegen Zuwanderung und die Asylpolitik, hier allerdings besonders gegen Muslime. 20 Prozent sind mit den Medien unzufrieden.

Hans Vorländer zog das Fazit, dass die Kundgebungen vor allem dazu dienten, Ressentiments gegen die repräsentative Demokratie, gegen Eliten, gegen „die da oben“ zu artikulieren. Das biete Anknüpfungspunkte für das rhetorische Arsenal von Rechtspopulisten. Interviewer, soweit sie nicht direkt angefeindet wurden, hätten den Eindruck gehabt, therapeutisch tätig zu sein.

Vorländer empfahl, auf Forderungen nach mehr Volksentscheiden einzugehen, weil die jetzt protestierenden Bürger dann wie in der Schweiz in Mitverantwortung genommen würden und sich nicht auf Verweigerungsgesten zurückziehen könnten. MICHAEL BARTSCH