Weiter Rätsel um Bienensterben

Neue Studie: Virus könnte Ursache für das Bienensterben in den USA sein. Offene Fragen

BERLIN taz ■ Ein amerikanisches Forscherteam hat möglicherweise einen Auslöser für das rätselhafte Bienensterben in den USA gefunden. Das als Colony Collapse Disorder (CCD) bezeichnete Massensterben in Nordamerika soll von einem aus Australien eingeschleppten Virus mitverursacht worden sein, berichtet das von der New Yorker Columbia-Universität koordinierte Forscherteam jetzt im Wissenschaftsmagazin Science. In ihren Untersuchungen von Bienenstöcken stießen die Forscher in den vom Massensterben betroffenen Völkern immer wieder auf den „Israeli Acute Paralysis Virus“ (IPAV): 25 von 30 Bienenvölkern waren mit dem Virus infiziert. In den 21 untersuchten gesunden Bienenstöcken hingegen wurden die Forscher nur einmal fündig.

Der Virus könnte der Auslöser des mysteriösen Bienensterbens sein, von dem rund ein Viertel der 2,4 Millionen Bienenvölker in den USA betroffen waren. In einigen Regionen sollen sogar 80 bis 90 Prozent der Bienen verschwunden sein. Das Bienensterben ist für die USA auch ein wirtschaftliches Desaster. In einigen landwirtschaftlichen Anbauregionen sind die Bauern auf Berufsimker angewiesen.

Über die Ursache des Bienensterbens wurde lange spekuliert: Umweltfaktoren wie Pestizide oder der zunehmende Anbau von Gentech-Pflanzen wurden damit in Zusammenhang gebracht. Die Studie der US-Forscher gibt auch nur erste Hinweise auf den Verursacher. Denn einige Forscher sind skeptisch, ob IPAV tatsächlich maßgeblich am Bienensterben beteiligt ist.

So hatte eine andere Studie zuvor keine Verbindung zwischen den Virus und dem Bienensterben herstellen können. Die neue Veröffentlichung „trägt vielmehr zur weiteren Konfusion über die Ursache von CCD bei“, sagt der Insektenexperte Denis Anderson von der Australian Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation (CSIRO) gegenüber Science. Der Virus, der vor drei Jahren erstmals in Israel gefunden wurde, ist nämlich auch in australischen Bienenvölkern nachweisbar, und dort gibt es kein Massensterben. Eine mögliche Erklärung für diesen Widerspruch wäre, dass im Unterschied zu den australischen Bienen die Tiere in den USA durch die dort weit verbreitete Varroa-Milbe so geschwächt sind, dass eine Virusinfektion tödlich endet. Auf dem australischen Kontinent ist die gefürchtete Varroa-Milbe bisher noch nicht aufgetaucht. Dem wiederum steht jedoch entgegen, dass in Kanada das Bienensterben nicht die Ausmaße hat wie in den USA. Dort aber gibt es auch beides: die Milbe und den Virus.

Das Rätsel bleibt also vorerst ungelöst. Die US-Forscher wollen jetzt erst einmal experimentell überprüfen, welche Faktoren dazukommen müssen, damit die Virusinfektion für die Bienen tödlich endet. WOLFGANG LÖHR