In Polen sind die Schrauber billiger

MAN will Teile der Busproduktion von Salzgitter nach Polen verlagern. Dort sollen die Fahrzeuge künftig zusammengeschraubt werden. Begründung: Die lohnintensive Fertigung sei in Deutschland zu teuer. Die IG Metall kündigt energische Proteste an

Von RICHARD ROTHER

Jedes Kind kann aus einzelnen Bausteinen einen Turm bauen – die in Serie hergestellten Bausteine selbst aber kann man im Kinderzimmer nicht produzieren. Ähnlich scheint es bei den MAN-Bussen zu sein: Während die einzelnen Buskomponenten auch künftig am Standort Salzgitter produziert werden sollen, möchte der Konzern die Endmontage nach Polen verlagern. Grund: Beim Zusammenschrauben der Einzelteile ist, wie beim Baukasten im Kinderzimmer, reichlich Handarbeit gefragt. Und die ist besonders lohnintensiv, weshalb der Konzern lieber im billigen Polen als im vergleichsweise teuren Niedersachsen seine Busse zusammenbauen lassen will.

Die Verlagerung der Busmontage von Salzgitter nach Polen scheint längst beschlossene Sache, obwohl Betriebsrat und IG Metall derzeit noch mit der Firmenleitung über eine Lösung für die etwa 1.400 Beschäftigten der Bussparte verhandeln. „Ich gehe fest davon aus, dass die Komplettfertigung im Niederflurbereich nach Polen verlagert wird, da sie sich in Deutschland nicht mehr realisieren lässt“, sagte der Chef der Nutzfahrzeugsparte, Anton Weinmann, am Montagabend.

Davon seien zwischen 100 und 200 Mitarbeiter betroffen, sagte Firmensprecher Stefan Straub der taz. Den gesamten Standort nach Polen zu verlagern – davon könne keine Rede sein. Im Gegenteil könne die Fahrgestellfertigung in Salzgitter gestärkt werden. Diese könne mehr als bisher mit der dort ebenfalls ansässigen, boomenden Lkw-Sparte kooperieren. Für die betroffenen Mitarbeiter müssten nun Lösungen gefunden werden. „Betriebsbedingte Kündigungen wollen wir aber vermeiden.“

„Für uns geht es um den Erhalt des Standortes“, sagte der niedersächsische IG-Metall-Sprecher Uwe Stoffregen der taz. Das Buswerk sei ein altes, in das in den vergangenen Jahren wenig investiert worden sei. Mit der Verlagerung nach Polen mache es sich die Konzernleitung zu einfach. Die höheren Kosten in Salzgitter im Vergleich zu Polen lägen nicht nur an den höheren Löhnen, sondern auch an den ausgebliebenen Investitionen. Neue Anlagen in Polen könnten natürlich günstiger produzieren. Sollte es zu betriebsbedingten Kündigungen kommen, werde sich die Belegschaft wehren. „Wir sind dort gut organisiert.“

Bereits im Sommer hatte MAN-Chef Hakan Samuelsson angekündigt, eine Verlagerung der Busproduktion prüfen zu wollen. Bei den Löhnen ergäben sich in Polen Kostenvorteile von 30 Euro je Arbeitsstunde, so sein Argument. „Wir wollen weiter Busse bauen, aber wir müssen das besser machen als bisher.“ Im ersten Quartal hat der Bereich Nutzfahrzeuge nach Unternehmensangaben sein operatives Ergebnis auf 434 Millionen Euro gesteigert und damit eine Rendite von 9,4 Prozent erzielt. Dem standen Verluste im Busgeschäft in Höhe von 13 Millionen Euro gegenüber. Für dieses Jahr erwartet der Konzern insgesamt eine Umsatzsteigerung von mehr als zehn Prozent, bei einer Umsatzrendite von knapp über zehn Prozent.