Berliner Platten
: Musikalisches Fernweh: Poems for Laila sind dabei endlich bei sich zu Hause angekommen, und Laura López Castro hat eine romantische Vorstellung von der Strandparty

Es war ein langer Weg vom Balkan-Schmalz-Punk mit englischen Texten über krude Experimente mit elektronischen Klängen zum entspannten, deutsch gesungenen Folk-Pop. Aber mit „Klamm“ scheint die Odyssee von Poems For Laila nun endgültig abgeschlossen. Nie zuvor klang Nikolai Tomás, seit 18 Jahren die einzige personelle Konstante der Band, so sehr nach einem, der mit sich im Reinen ist und selber weiß, was er kann und was er lieber bleiben lässt.

Das siebte Studio-Album ist das zweite mit deutschen Texten, und während die Gitarren luftig klimpern, erzählt Tomás oft vom Zwischenmenschlichen und verteilt dazu einige Weisheiten wie „Liebe hat keine Moral“. Bisweilen, so in „Gespenster“, hat er aber auch Allgemeingültigeres zu Frühlingsgefühlen oder dem Alter anzumerken. So scheint es also, als hätte Tomás, der all die Jahre lang immer nur ein potenzieller Popstar blieb, nun doch noch seine neue Rolle als Liedermacher akzeptiert. Diese Entwicklung zum Besinnlichen lässt sich auf „Klamm“ besonders schön nachvollziehen, weil Tomás an die acht neuen Stücke, die allesamt recht gelungen sind, eine Art Best-of-Auswahl aus vergangenen Alben angehängt hat. Die Geschichtslektion geht zurück bis zu „Another Poem for the 20th Century“, dem allerersten Album von 1989, das mit „Time Away“ vertreten ist.

Musikalisch arbeitet Tomás, erstmals unterstützt von Cello und Stimme von Miss Alaska, mit den neuen Songs auf „Klamm“ so etwas wie die Essenz aus fast zwei Jahrzehnten Poems for Laila heraus: In „Bleib doch noch“ jammert zuerst das Cello, wie es das Klischee verlangt, wird aber beantwortet von einer krude verzerrten Gitarre. Doch auch die osteuropäischen Einflüsse, deren Aufgreifen die Poems damals Anfang der Neunziger zu Pionieren machte, sind wieder zu hören: In „Tell“ bricht sich zwar das altbekannte suffselige Pathos Bahn, aber vollkommen hemmungslos will sich Tomás dann doch nicht aufs Balkanische einlassen. Das würde erklären, warum Peoms for Laila bis heute nicht wirklich von der grassierenden R’n’Balkan-Welle profitieren konnten.

Auch nicht eben einen kerzengeraden Karrierepfad hat Philippe Kayser zurückgelegt. Als Produzent des Freundeskreis war er dabei, als der DeutschHop der Stuttgarter die Charts eroberte. Dann lernte er die Schauspielschülerin Laura López Castro kennen und mit ihr die lateinamerikanische Musik. Zusammen zog man um nach Berlin und, so verspricht es zumindest der Titel des zweiten Albums „Laura López Castro y Don Philippe inventan el ser feliz“, erfindet nun das Glück. Wie das geht? Man spielt den wohl temperierten Soundtrack zu einer linken Sehnsucht: In dieser Musik, die genau im toten Punkt zwischen Kuba und Brasilien beheimatet ist, spiegelt sich die romantische Idee einer ewigen Strandparty mit irgendwie doch auch revolutionärem Potenzial. Dem einen mag das zu viel Massage und zu wenig Message sein, erfolgreich ist die sanfte Mixtur aus Salsa, Bolero, ein bisschen Folk und sorgsam portioniertem Jazz allemal. Macht ja auch glücklich. THOMAS WINKLER

Poems for Laila: „Klamm“ (Metropol/ Broken Silence) Record- Release Fr. im Festsaal Kreuzberg

Laura López Castro: „Laura López Castro y Don Philippe inventan el ser feliz“ (Nesola/Four Music/ SonyBMG)