Die Voodoo-Expertin

Um Weltanschauungsbeauftragte der Nordelbischen Kirche zu werden und knapp 20 Jahre lang zu bleiben, braucht man schon eine ausgeprägte Begeisterung für das Fremde. Bei Pastorin Gabriele Lademann-Priemer entwickelte sich diese Begeisterung durch ihre vielfältigen Afrikaerlebnisse. Für ihr Studium der Religionswissenschaften betrieb sie 1971 Feldforschungen zur Zulu-Religion in Südafrika, promovierte schließlich 1987 über deren Heilungsvorstellungen und schreibt noch heute Bücher über Voodoo. „Mich interessiert die Frage, warum andere Menschen anders glauben – wie gehen sie mit ihren Problemen um?“

Dass sie es als Beauftragte für Weltanschauungen hauptsächlich mit den Opfern und negativen Seiten von Glauben und Religion zu tun haben würde, hatte die heute 65-Jährige nicht gedacht, als sie sich 1992 auf diese Stelle bewarb: „Bis zu einem gewissen Grad handelt es sich bei meiner Arbeit um psychosoziale Betreuung“. Eine der Aufgaben des Amtes ist es, Angehörige von Sektenanhängern und Sektenaussteiger zu beraten und seelsorgerisch zu betreuen. Da hört sie zum Teil schwere Geschichten von Familienverwerfungen, Kindesmissbrauch und so genannten Ehrenmorden. Davon dürfe man sich aber nicht niederdrücken lassen, sagt sie. Dass während ihrer Arbeit versucht werde Abtrünnige wieder in den Schoß der Kirche zu führen, sei nicht zu befürchten: „Aussteiger sind gerade von einer Institution totgetreten worden, die kann man gar nicht überreden in die Nächste einzutreten.“

Ist sie selbst einmal in Versuchung geraten, die Seiten zu wechseln? „Ich bin von der Struktur kein Mensch für Konversionen“, sagt Lademann-Priemer. Sie habe zu viele Konvertiten erlebt, die aus Begeisterung für irgendetwas in schwere seelische Not geraten seien. „Die eigenen Wurzeln muss man ernst nehmen.“

Die Amtszeit von Gabriele Lademann-Priemer endete am gestrigen Donnerstag mit der Übergabe an Pastor Jörg Pegelow. Jetzt freut sie sich auf ihre nächste Afrikareise. NIELS HOLSTEN