Ab heute gibt’s Kreuzburger

Jetzt wird zugebissen: In Kreuzberg eröffnet der erste McDonald’s. Schüler freuen sich auf volle Burger-Backen, die Gegner knirschen mit den Zähnen. Aber so richtig geht es erst in einem Monat los, dann ist der Ramadan vorbei

20 Minuten Mittagspause haben die Schüler des Oberstufenzentrums Handel I in Kreuzberg. Heute müssen sie sich erstmals entscheiden: Paniertes Schweineschnitzel „Zigeuner Art“ mit Letscho und Pommes für 3,80 Euro in der Kantine oder ein Hamburger Royal TS-Menü für 4,90 Euro bei McDonald’s. „In der Kantine schmeckt das Zeug nicht. McDonald’s ist keine Konkurrenz, sondern die Rettung“, sagt ein 17-Jähriger vor der Schule. Doch er ist gläubig und muss sich noch gedulden. Gestern begann der muslimische Fastenmonat Ramadan. „Um acht Uhr abends komme ich nicht mehr extra hierher.“ Und nach dem Ramadan? „Dann jeden Tag.“

Der Weg zum Burger ist nah, keine 50 Meter liegen zwischen Lern- und Bratanstalt, die seit heute auch kein Bretterzaun mehr trennt. Auf dem stand: „McDreck“, „Raus aus Kreuzberg“ und „Gegen kostenpflichtige Kindermästung“. Die Gegner wollen ihn nicht, den ersten McDonald’s in SO 36, der bis gestern wohl größten BigMac-freien Zone Deutschlands. Mehrere Bürgerinitiativen bildeten sich, um gegen die Kantinen-Konkurrenz zu den Schulen, das befürchtete Verkehrsaufkommen durch den Drive-in und die Ansiedlung internationaler Großkonzerne in ihrem Kiez anzutreten. Auch Hans-Christian Ströbele, Kreuzbergs grüner Bundestagsabgeordneter, sagt: „Ich habe den Herren von McDonald’s klargemacht, dass es vor allem um den Standpunkt gegenüber der Schule geht. Aber das hat nicht gefruchtet.“

Bereits vor fünf Jahren verkaufte die Post das Gelände an der Ecke Skalitzer und Wrangelstraße an die Firma mit dem bauchigen M. Aber wegen des Widerstands seitens der Bezirkspolitiker und Bürger konnte die Kette erst in diesem Frühsommer mit dem Bau ihres Burgerbungalows mit Kinderrutsche und Drive-in beginnen. Sie scheute sich auch nicht, die Bauarbeiten während des G-8-Gipfels anlaufen zu lassen, als der linken Szene die Pflastersteine besonders locker in der Hand lagen. Wachpersonal streift seitdem Tag und Nacht um das Gelände und „wird die nächste Zeit dort bleiben“, so ein Unternehmenssprecher. „Wir wollen das Restaurant aber behandeln wie jedes andere Restaurant auch.“ Allerdings flogen auch am vergangenen Wochenende Steine und Farbbeutel.

Die Proteste reißen jedenfalls nicht ab. Auf Indymedia kursieren Aufrufe zu einem „bunten Protest“ am Eröffnungstag. Die Polizei nahm es zur Kenntnis, „aber wir haben keine konkreten Hinweise“, sagte ein Polizeisprecher. Die Initiative McWiderstand hat unterdessen angekündigt, „auf verwaltungsrechtlichem Weg gegen den Betrieb vorzugehen“, weil die Niederlassung „ohne nachbarschaftliche Rücksichtnahme“ errichtet worden sei. SVEN BEHRISCH