Der Fight um die Plätze

Die deutschen Fußballer siegen im Freundschaftsspiel 3:1 gegen Rumänien – und Jogi Löw bastelt weiter am EM-Kader

KÖLN ■ taz „Ich bin sehr froh“, sagte er, „dass ich getroffen habe.“ Und: „Ich bin immer glücklich, wenn ich bei der Mannschaft sein kann.“ David Odonkor strahlte nach dem 3:1-Erfolg der deutschen Nationalmannschaft gegen Rumänien. Er war der Gewinner des Abends. Sogar ein Tor hat er geschossen, was dem Sprinter nicht allzu oft gelingt. Plötzlich gehört er wieder zu den Kandidaten für den EM-Kader von Bundestrainer Joachim Löw. Vor drei Wochen noch war er der einzige Verlierer des deutschen Teams. Eine deutsche Ergänzungsspielerelf triumphierte im Wembley-Stadion, und doch gab es nicht nur Sieger im Team. Denn einer hatte miserabel gespielt: Odonkor. Er wusste, dass ihm nichts gelungen war. „Ich war sehr traurig damals“, sagte er in Köln, nachdem er einer Teilnahme an der EM im nächsten Jahr wieder ein wenig nähergerückt ist.

Ein Gerüst von zehn, elf Spielern für die Europameisterschaft stehe, hat Joachim Löw nach dem Ende der Sommerpause gesagt. Die festen Startplätze sind wohl reserviert für Stammspieler der WM-Saison. Dahinter gibt es jede Menge Spieler, die selbstbewusst den Finger heben. Das erzeugt den Binnendruck im Team, der dafür sorgt, dass sich gerade die Spieler aus der zweiten Reihe in ein Testspiel wie jenes gegen Rumänien hineinknien. Nach einer miesen ersten Hälfte, in der die Deutschen den alten Standfußball Völler’scher Prägung vortrugen, sich von den „raffinierten“ (Löw) Rumänen ein ums andere Mal haben vorführen lassen, fingen die Spieler nach der Pause plötzlich an zu laufen. Sie spielten teilweise sogar richtig Fußball, sehenswerte Kombinationen inklusive. Bundestrainer Löw fand es „imponierend, mit welcher Energie wir die Rumänen regelrecht niedergefightet haben“. Der Kampf um einen Platz im EM-Team mündete in einen sehenswerten Fight auf dem Kölner Rasen. Die nach der Pause eingewechselten Simon Rolfes, der Stabilität ins defensive Mittelfeld brachte, und Gonzalo Castro, der als Linksverteidiger viele Bälle schon weit vorn erobert hat, sammelten Pluspunkte. Manuel Friedrich, der in der ersten Hälfte trotz etlicher einfacher Fehler eine völlig unangebrachte Arroganz mittels Körpersprache an den Tag legte, zeigt nach der Pause dann doch, was er kann. Der Stuttgarter Roberto Hilbert lieferte sich vor der Pause ansehnliche, leider nicht immer siegreiche Duelle mit Rumäniens unberechenbaren Offensivdominator Adrian Mutu. Der Ehrgeiz der jungen Spieler hat Joachim Löw beeindruckt. Und doch mahnte er: „Wir sind noch lange nicht auf der Überholspur.“ Zwar hätten in den letzten zwei Jahren etliche Spieler den Sprung in den Kreis der Erwählten geschafft, Ziel müsse es aber sein, jedes Jahr aufs Neue vier, fünf Kicker nach oben zu bringen. Erst dann stehe man auf einer Stufe mit den anderen großen Fußballnationen Europas, mit Frankreich, Italien oder Spanien. Der Binnendruck soll möglichst nicht abfallen.

Und wer es dann einmal geschafft hat in den Kreis derjenigen, denen Löw regelmäßig vertraut, wird regelrecht gehätschelt. Ein Odonkor weiß das zu schätzen, weiß, dass er – wenn er sich im Training zu steigern vermag – seine Chance bekommen wird. Einer der Gerüstspieler wie Lukas Podolski wird in der Nationalmannschaft an den Spielbetrieb herangeführt. Löw hat ihm nach mehr als zehnmonatiger Länderspielpause vertraut, obwohl er nach seiner Verletzung bei Bayern erst einen Kurzeinsatz hatte. 45 Minuten brauchte der Stürmer, um sich zu orientieren, dann legte er so richtig los und traf am Ende sogar zum 3:1. Den Arrivierten hilft Löw mit Vertrauen, den Emporkömmlingen, indem er sie unter Druck setzt. Am Ende strahlen meistens alle, so wie am Mittwoch in Köln.

ANDREAS RÜTTENAUER