150.000 Euro für bessere Welt

FORTSCHRITT Erstmals geht ein Alternativer Nobelpreis nach China. Huang Ming wird für seinen Einsatz für Solarenergie belohnt. Die Preisträger kriegen zusammen 150.000 Euro

Belohnt wurden auch Aktivisten, die sich gegen den weltweiten Landraub einsetzen

VON REINHARD WOLFF

STOCKHOLM taz | Ein chinesischer Pionier der Verbreitung von Spitzentechnologe für Solarenergie, eine Menschenrechtskämpferin aus dem Tschad, eine US-Hebamme und die internationale Bauernhilfsorganisation Grain sind die diesjährigen PreisträgerInnen des Alternativen Nobelpreises.

„Für seinen herausragenden Erfolg in der Entwicklung und Massenverbreitung von Spitzentechnologien für die Nutzbarmachung von Solarenergie und weil er zeigt, wie dynamische Schwellenländer dazu beitragen können, die globale Krise des anthropogenen Klimawandels zu überwinden“, ging erstmals ein Preis nach China: an Huang Ming, den Gründer des „Solar Valley“ in Dezhou, eines der weltweit größten solaren Stadtentwicklungsprojekte.

Der 53-jährige Huang Ming, ehemals Ingenieur am Erdölforschungsinstitut in Dezhou, war nach Einschätzung der Jury „maßgeblich an der Verabschiedung des Gesetzes für erneuerbare Energien in China beteiligt“. Dies sei ein wichtiger Beitrag, um China dazu zu bewegen, eine Vorreiterrolle bei der Vermeidung der zunehmenden globalen Klimakatastrophe einzunehmen.

Mit ihrem „unermüdlichen Einsatz, damit den Opfern von Tschads ehemaliger Diktatur Gerechtigkeit widerfährt und um die Achtung und das Bewusstsein für Menschenrechte in Afrika zu stärken“, begründet die Jury die Preisverleihung an die Anwältin Jacqueline Moudeina. Sie habe unter großem persönlichem Risiko zu einer Strafverfolgung gegen Hissène Habré, den ehemaligen Diktator Tschads, beigetragen und arbeite gleichzeitig an einer Vielzahl von Menschenrechtsthemen, die den Tschad heute betreffen.

Einen weiteren Preis bekam die internationale gemeinnützige Organisation Grain, die Kleinbauern und soziale Bewegungen in ihrem Kampf für Biodiversität in der Landwirtschaft und für demokratische Kontrolle über genetische Ressourcen unterstützt. Laut Jury „schützt ihre weltweite Arbeit die Lebensgrundlage und Rechte bäuerlicher Gemeinschaften und entlarvt den massiven Aufkauf von Ackerland in Entwicklungsländern durch ausländische Finanzinvestoren“. In den letzten Jahren habe Grain einen entscheidenden Beitrag zur Dokumentation und Kritik des rapide wachsenden Phänomens der Aneignung von Ackerland geleistet.

Ina May Gaskin gründete 1971 das Geburtshilfezentrum „Midwifery Center“ auf einer Kommune-Farm im US-Bundesstaat Tennessee. Das Zentrum wurde schnell als Ort bekannt, an dem authentische Geburtshilfe praktiziert und gelehrt wurde. Gaskin habe sich für Geburtsmethoden eingesetzt, die „die Frauen in den Mittelpunkt stellen und die körperliche wie geistige Gesundheit von Mutter und Kind fördern“, schreibt die Jury. In den Vereinigten Staaten, in denen der Beruf der Hebamme Anfang des 20. Jahrhunderts als angeblich überflüssig abgeschafft worden sei, weil medizinische Geburten und Kaiserschnitte für Krankenhäuser und Arzneimittelindustrie attraktiver waren, sei die 1940 geborene Gaskin zu einem Vorbild für Hebammen geworden, „die es wagen, andere Wege zu gehen im Versuch, Geburtshilfe menschlicher zu gestalten“.

Gaskin versuche zudem, durch Informationsvermittlung und Forderung nach einem verpflichtenden System der Berichterstattung, Klassifizierung und Ursachenanalyse die Müttersterblichkeitsrate zu senken, die in den USA steigt, so die Jury. Außerdem kämpfe sie gegen die Routine in den amerikanischen Krankenhäusern, die ohne Not Neugeborene von ihren Müttern trenne. Zudem engagiere sie sich gegen puritanische Einstellungen, die viele Frauen vom Stillen abhalten.

Die seit 1980 jährlich verliehenen Alternativen Nobelpreise sind in diesem Jahr mit 150.000 Euro dotiert und werden am 5. Dezember im schwedischen Parlament verliehen. Das Preisgeld wird unter den vier Gewinnern aufgeteilt.

Aktuelles SEITE 2