ORTSTERMIN: DER HAMBURGER SV FEIERT 124. GEBURTSTAG
: Alte Männer, die Spuren hinterlassen

Da ist Horst Schnoor, 15 Jahre lang Stammtorwart des Hamburger SV. Ist inzwischen 77. „Herr Schnoor“, fragt einer, „kann ich ein Autogramm haben?“ Und da kommt Harry Bähre, 70, hatte den ersten Lizenzspielerpass der Bundesliga. Da war der HSV früher dran als die anderen – und hatte keinen Spieler, dessen Nachname mit „A“ anfing. Nach seiner Karriere beim HSV ging Bähre zu Barmbek-Uhlenhorst, Regionalliga. Die größte Traube aber bildet sich um einen, der ist so klein, dass er verschwindet zwischen den Kameras und Bundesliga-Jahrbüchern: Uwe Seeler.

Es ist der 29. September, heute wird der HSV 124 Jahre alt. Über die Toten soll man nichts schlechtes sagen, und gut ist es, dass der HSV noch lebt. Vor allem in der Vergangenheit: Abwehrspieler Peter Nogly ist da und Ditmar Jakobs, dessen Karriere nach der Verletzung durch einen defekten Karabinerhaken endete. Uli Stein nicht: Der ist heute Torwarttrainer von Aserbaidschan.

Vorstandsmitglied Frank Arnesen, Sportchef, und sein Kollege Joachim Hilke schlendern einen kleinen Abhang hinab. An den Tagen, an denen der Verein zu Hause spielt, stehen hier die Fans und haben die Hände in den Taschen. Die beiden gehen ins weiße Zelt, das vor einem übergroßen Bronzefuß von Uwe Seeler steht.

Um den Fuß herum gibt es auf Initiative des Leasing-Unternehmers Andreas Maske seit 2006 einen „Walk of Fame“. Hier sollen, erläutert Maske, HSV-Angehörige geehrt werden, „die Spuren hinterlassen haben“. Diesmal sind dran: die ehemaligen Spieler Jakobs, Stein und Kevin Keegan, die der Laudator Bernd Wehmeyer vorstellt, sowie die ehemaligen HSV-Präsidenten Peter Krohn und Wolfgang Klein, die Hamburgs Altbürgermeister Henning Voscherau würdigt, und Trainer Ernst Happel, den der Journalist und HSV-Fan Dieter Matz rühmt.

Währenddessen telefoniert Arnesen eine Stunde lang nicht, Hilke schon. Die Reden sind langatmig, auch die kurzen. Vorstand Oliver Scheel betont, dass uns, wenn dieses Jahr der 124. Geburtstags ist, „im nächsten Jahr ein ganz großer Geburtstag“ ins Haus steht. In den Grundrechenarten ist der Mann also sicher.

Bräsigkeit ist Voscheraus Sache nicht: „So ein starker Verein wie der HSV muss seine Strukturen messen lassen in Deutschland, da gibt es in München ein Modell, das muss man sich anschauen, da muss sich der HSV fragen, was ist verbesserbar in unser Struktur.“ Dann sagt er: „Würde schon helfen, wenn nicht jedes Vier-Augen-Gespräch von Aufsichtsräten am nächsten Tag in der Bild stünde.“

Der HSV hat manches nicht, aber er hat Kultur. Nicht, was das Fußballspielen anbelangt, den Nachwuchs, die Trainer und Sportdirektoren, den Umgang mit ausländischen Spielern oder den untereinander. Aber was die Vergangenheit anbelangt, gibt es eine Kultur, und bei der Vermarktung. Jeder hat halt Stärken und Schwächen. ROR