KUNSTRUNDGANG
: Andrea Edlinger schaut sich in den Galerien von Berlin um

Kinder sind süß, Kinder sind fiese Kotzbrocken. Und genau in diese zwiespältige Gefühlslage führt der finnische Bildhauer Kim Simonsson: Quer durch den Raum der Galerie Hermann und Wagner verteilen sich seine mangaartigen Wesen in der Größe von GrundschülerInnen – unschuldig weiß und glänzend wie Porzellanfiguren sind die kleinen Lolitas. Ihre Gesten scheinen harmlos, aber die Szenen schmutzig. Ein Lara-Croft-Lookalike präsentiert auf seinen ausgebreiteten Armen die schwarze Hülle eines Rehs, ein anderes zupft mit gespreizten Fingern das Ohr des erlegten Tieres, auf dem es in erotischer Pose sitzt, und ein Mädchen in braven Kleidchen, Söckchen und Schühchen lässt ihre Spucke gegen die Wand fetzen. Eindeutiger ist das Verhältnis zwischen Bedrohlichem und Bedrohten in den schwarz-weißen Fotocollagen der schwedischen Künstlerin Helena Blomqvist, die in der selben Ausstellung („Dreams and Disappointments II“) präsentiert werden. Kahle Bäume, schiefe Fabrikschlote, Flugzeuggeschwader oder Gewitterwolken brechen in einer apokalyptischen Welt über die hilflosen Geschöpfe herein – als hätten sie keine Fahrkarten mehr für die Arche Noah bekommen. Auffallend an den wandfüllenden Gemälden von Franziska Klotz – zu sehen in der Galerie Open – ist die Technik. Die junge Dresdnerin trägt die Farben mit Spachtel, Pinsel und durch die Spraydose auf. So stehen in ihren Bildern scharfe Konturen neben verschwommenen Farbflächen, treten mal dicke Farbkleckse aus der Oberfläche hervor und mal geben fein aquarellig gemalte Stellen den Blick auf den Untergrund frei. Die darauf porträtierten Menschen (Models, Frau mit Hund oder Mundschutz) stehen etwas verloren in ihrer Umgebung, als hätte die Malerin ihnen den Boden der Wirklichkeit unter den Füßen weggezogen.

Dreams and Disappointments II: bis 20. 10., Di.–Sa. 12–18 Uhr, Hermann & Wagner, Koppenplatz 6 feel real – real feelings: bis 6. Oktober, Di.–Fr. 14–19 Uhr, Galerie Open, Legiendamm 18–20