Die Linke ist kein Beinbruch

Der Deutsche Gewerkschaftsbund wünscht sich mehr Offenheit für die Polit-Newcomer von links bei der Niedersachsen-Wahl. Eine Wahlempfehlung gibt er nicht, dafür werden NPD und FDP klar abgelehnt

Richtig deutlich wird Hartmut Tölle nur bei zwei Parteien. Er würde sich freuen, „wenn die NPD hier in diesem Land null Stich bekommt“, sagte der Landesvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) gestern bei der Vorstellung der DGB-Forderungen für die Niedersachsen-Wahl am 27. Januar 2008. Auch die FDP fasste er mit spitzen Fingern an: Wegen der Wirtschafts- und Umweltpolitik ihrer beiden amtierenden Minister wünschte sich Tölle, dass die Liberalen „nicht in Verantwortung“ kommen mögen.

Die etablierten Parteien ermahnte Tölle, nicht von vornherein jede Kooperation mit der Partei Die Linke auszuschließen. Er wünsche sich mehr „Offenheit“ für die Polit-Newcomer, von denen viele aus den Gewerkschaften kommen. Wie in vielen Ländern Europas hätte sich inzwischen auch in Deutschland eine Partei links von der Sozialdemokratie etabliert, sagte Tölle – „ich persönlich halte das nicht gerade für einen Beinbruch“. Die Linke fülle das Vakuum, das die SPD hinterlassen hätte. Allerdings sollten sich die Linken nicht in der Opposition verstecken, falls sie in den Landtag kommen.

Eine direkte Wahlempfehlung für eine Partei wollte Tölle nicht geben. Dafür stellte er der seit 2003 amtierenden schwarz-gelben Landesregierung ein schlechtes Zeugnis aus: Ihre Bilanz sei „ernüchternd“, denn der wirtschaftliche Aufschwung sei an vielen Menschen vorbei gegangen. Dafür sprechen aus DGB-Sicht die Zahlen: 350.000 arbeitslose Niedersachsen, über 700.000 Menschen, die in Hartz-IV-Haushalten leben, davon 190.000 Kinder. 94.000 Personen seien trotz Arbeitsverhältnisses „arm“, die sogenannten „Aufstocker“ erhalten neben dem Lohn zusätzlich öffentliche Leistungen. Dafür mit verantwortlich macht Tölle die mit Investitionsquote des Landes: Die sei mit sieben Prozent bundesweit die niedrigste.

Die Wahl-Forderungen des DGB, dessen acht Mitgliedsgewerkschaften in Niedersachsen 900.000 Anhänger haben, sind ansonsten stark an SPD-Positionen angelehnt: Mindestlöhne nicht unter 7,50 Euro, ein Vergabegesetz für alle öffentlichen Aufträge, 4.000 zusätzliche Ausbildungsplätze, Gratis-Krippen und mittelfristig eine kostenfreie Kita, ein Ende der Studiengebühren, Atomausstieg, mehr betriebliche Mitbestimmung. Auf ihren ausstehenden Parteitagen sollten CDU, SPD und Grüne sich mit den DGB-Wünschen auseinander setzen, so Tölle. Denn: „Niedersachsen hat mehr verdient.“ KAI SCHÖNEBERG