10.000 verweigern öffentlich Dienst

Lehrer, Erzieherinnen, Verwaltungsangestellte und Polizisten beteiligen sich an Warnstreiks für mehr Lohn. Die Verhandlungen zwischen Senat und Gewerkschaften enden dennoch ergebnislos. Die Polizeigewerkschaft droht mit unbefristetem Streik

VON INGA HELFRICH

Im Tarifstreit im öffentlichen Dienst erhöhen die Gewerkschaften den Druck auf den Senat. Rund 10.000 Angestellte, vor allem Lehrer, Erzieherinnen und Polizisten, beteiligten sich laut Polizei am Mittwochmorgen an Warnstreiks. Dennoch ist eine Einigung nicht in Sicht. Am Nachmittag brachen Gewerkschaften und Senat die Verhandlungen über höhere Löhne ergebnislos ab. Ein neuer Termin stehe noch nicht fest, teilte eine Senatssprecherin mit.

Um ihrer Forderung nach mehr Gehalt Nachdruck zu verleihen, zogen die Streikenden gestern Morgen vor das Rote Rathaus. Die Stimmung war fröhlich und kämpferisch. „Wir sind hier, und wir sind laut, weil man uns die Kohle klaut!“, riefen die Protestierenden. Innensenator Ehrhart Körting (SPD), Verhandlungsführer aufseiten des Senats, wurde ausgepfiffen. An der Kundgebung mit anschließendem Protestzug durch die Innenstadt beteiligten sich auch Polizisten – sie waren kaum von den Beamten im Einsatz am Rathaus zu unterscheiden.

Wegen des Protests der Erzieherinnen blieben mehrere Kitas zeitweise geschlossen. Genaue Zahlen waren nicht bekannt. In den Schulen vertraten verbeamtete Lehrer die Streikenden und beaufsichtigten die Kinder. Beamte dürfen nicht streiken.

Die Gewerkschaften fordern für die rund 60.000 Beschäftigten im öffentlichen Dienst mehr Lohn – schon seit Jahren. 2003 hatten Gewerkschaften und Senat einen sogenannten Solidarpakt bis 2009 geschlossen. In Zeiten leerer Kassen hatte man sich auf eine durchschnittlich zehnprozentige Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich geeinigt. Nun fordern die Gewerkschaften mit dem Verweis auf den ausgeglichenen Landeshaushalt 2008 die drei verpassten Einmalzahlungen von je 300 Euro und die Tariferhöhung von 2,9 Prozent ab 2008, wie sie in anderen Ländern beschlossen wurde.

Die Verhandlungen verliefen gestern jedoch eher schleppend. Beide Seiten hätten sich in dem Gespräch darauf verständigt, dass sich der Senat „nochmals Gedanken machen wird“, sagte eine Sprecherin der Innenverwaltung. Der Innensenator hat bisher den Gewerkschaften die Übernahme des Regelwerks der bundesweiten Tarifverträge angeboten, allerdings ohne Tariferhöhung oder Einmalzahlungen. Weitere Warnstreiks sind nach Angaben der Gewerkschaft Ver.di in den kommenden zwei Wochen allerdings unwahrscheinlich.

Unterdessen sind sich die Gewerkschaften in ihrer Forderung nach 2,9 Prozent mehr Lohn offenbar nicht mehr so sicher. Zu Beginn des aktuellen Konflikts vor wenigen Wochen hatte Ver.di-Frau Astrid Westhoff, die Verhandlungsführerin der Gewerkschaften, erklärt, man beharre auf dieser Forderung und sei auch bereit, dafür zu streiken. Gestern sagte Ver.di-Sprecher Andreas Splanemann nun der taz: „Wir wollen nicht am Solidarpakt rütteln. 2,9 Prozent wären total unrealistisch.“ Andrea Westhoff stellte auf Nachfrage klar: 2,9 Prozent könne man nur für die Angestellten unter Landesrecht fordern. Für die rund 10.000 Angestellten unter Kommunalrecht gehe dies derzeit nicht.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) droht nun mit drastischen Maßnahmen: „Wenn der Senat sich nicht bald bewegt, ist ein unbefristeter Streik nicht ausgeschlossen“, sagte GdP-Sprecher Klaus Eisenreich.