Wolf startet in den Wahlkampf

CDU Guido Wolf will im nächsten Jahr den grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann ablösen. Dafür umwirbt er eifrig die baden-württembergische SPD

„Die SPD muss sich fragen, ob sie den richtigen Koalitionspartner hat“, sagt Guido Wolf

AUS ULM LENA MÜSSIGMANN

Eigentlich fehlt auf der Bühne in Ulm nur noch Volker Kauder als Sänger. Die Melodie des Pophits „Ein Hoch auf uns“ dröhnt aus den Boxen. Guido Wolf, der Spitzenkandidat der baden-württembergischen CDU, winkt in den Saal. Neben ihm steht sein einstiger Kontrahent Thomas Strobl und grinst selig. Man könnte meinen, die CDU habe schon eine Wahl gewonnen. Doch im Gegenteil: Sie fängt gerade erst an, dafür zu kämpfen – das aber voller Enthusiasmus.

Im März 2016 wählt Baden-Württemberg einen neuen Landtag, und die zentrale Frage ist: Können die Grünen an ihren spektakulären Erfolg von 2011 anschließen, bleibt also Winfried Kretschmann als erster grüner Ministerpräsident im Amt oder holt die CDU sich die verlorene Staatskanzlei zurück.

Guido Wolf, bisher Landtagspräsident, wurde am Samstag zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl gekürt. Er erhielt 93,8 Prozent der abgegebenen Stimmen und ist nun offizieller Herausforderer von Ministerpräsident Kretschmann.

„Ich brenne für Baden-Württemberg, deshalb will ich Ministerpräsident werden“, ruft Wolf in die Halle. Die CDU hatte 2011 nach 58 Jahren Regierungsbeteiligung die Macht verloren. Ihr Feindbild sind die Grünen: Deren Bürgerpolitik hält Wolf für gescheitert. Grün-Rot zerbreche sich den Kopf über gleichgeschlechtliche Beziehungen, über sexuelle Vielfalt. „Da fühlt sich manche Familie, wo Frau und Mann zusammenleben, an den Rand gedrängt.“

Solche Streicheleinheiten für die konservative Seele werden mit viel Applaus belohnt. Klare Kante gegen die Alternative für Deutschland (AfD), die im Landtagswahlkampf Baden-Württemberg mit eigenem Spitzenkandidaten antreten will, zeigt CDU-Landeschef Thomas Strobl: „Die AfD ist niemals ein Partner in einer Landesregierung für die CDU.“

Spitzenkandidat Wolf baggert stattdessen die Sozialdemokraten an: Die SPD habe gute Ideen – etwa die Stärkung des Verfassungsschutzes. So etwas sei mit den Grünen nicht zu machen. „Wenn sich die SPD da die Zähne ausbeißt, müsste sie sich mal fragen, ob sie noch den richtigen Koalitionspartner hat“, sagt Wolf. „Mit uns ließe sich reden.“

Die SPD will sich zu diesen Avancen nicht äußern, betonte in der Vergangenheit aber schon häufig, dass sie am liebsten die jetzige Koalition mit den Grünen fortführen möchte. Die Bewerbungsrede Wolfs sei ein „Aufbruch in die Spießbürgerlichkeit“ gewesen, sagt Katja Mast, Generalsekretärin der SPD. Die Grünen-Landesvorsitzenden Thekla Walker und Oliver Hildenbrand äußern sich per Pressemitteilung: Die CDU werbe mit Halb- und Unwahrheiten für sich. „Das hat Baden-Württemberg nicht verdient.“

Die CDU hat aus ihrer Niederlage 2011 vor allem eines gelernt: Sie setzt nicht mehr alles auf eine Karte. „Die Mitglieder erwarten keinen Solotänzer“, sagt Wolf. Die Skandale rund um Exministerpräsident Stefan Mappus hatten die CDU 2011 unter anderem zu Fall gebracht. Die jetzigen Spitzenleute müssen ihr Ego den Parteizielen unterordnen. Peter Hauk gibt den Fraktionsvorsitz im Landtag kommenden Dienstag an den Spitzenkandidaten Wolf ab. Thomas Strobl bleibt trotz seiner Niederlage im Dezember bei der Mitgliederbefragung um die Spitzenkandidatur Landeschef. Wolf hatte sich zuletzt einen parteiinternen Wahlkampf mit Landeschef Thomas Strobl um die Spitzenkandidatur geliefert. In einer Mitgliederbefragung im Dezember war er dann von 55,9 Prozent der CDUler als Spitzenkandidat vorgeschlagen worden.

Nach Wolfs Rede in Ulm ruft das Publikum im Saal: „Jetzt geht’s los, jetzt geht’s los.“ Wolf und seine CDU brauchen einen langen Atem. Denn bis zur Wahl sind es noch 14 Monate.