Heizen mit Eis

GEBÄUDETECHNIK Eisspeicher helfen, Häuser im Sommer zu kühlen und im Winter zu beheizen – und so eine Menge Energie zu sparen

Im Sommer funktioniert der Eisspeicher als umweltfreundliche Klimaanlage

VON TIZIANA MANELJUK

Es ist ein unscheinbarer Hügel. Grün. Flach. Etwa acht Meter lang und zweieinhalb Meter hoch. Halbrunde, sorgfältig arrangierte, aber noch unbepflanzte Blumenkästen aus Beton säumen seinen Rand. Der Hügel erinnert eher an aufgeschütteten Bauschutt, der mit den Jahren von Unkraut überwuchert wurde, als an eine umweltfreundliche Technologie zum Heizen und Kühlen von Gebäuden. Aber: „Hier ist er, unser Eisspeicher“, sagt Jan-Peter Peters, Energie- und Ressourcenberater am Elbcampus, einem Weiterbildungszentrum in Hamburg-Harburg.

Das Prinzip des Eisspeichers ähnelt dem Eiskeller vergangener Jahrhunderte. Um auch den Sommer über verderbliche Lebensmittel zu kühlen, wurde im Winter Eis in einen unterirdischen Lebensmittel-Vorratsraum geschafft. Auch die moderne Wärme- und Gebäudetechnik bedient sich dieser Methode. In Kombination mit einer Wärmepumpe dient die moderne Variante des Eiskellers dazu, ein Haus im Sommer zu kühlen und im Winter zu heizen.

„Unter diesem Hügel ist ein Behälter aus Beton, der mit 150 Kubikmetern Wasser gefüllt ist“, erklärt Peters. „Eigentlich funktioniert der Eisspeicher wie diese Knickdinger, mit denen man sich beim Skifahren die Finger wärmt“, sagt der Energieberater. Beim Knicken kristallisiert durch einen chemischen Prozess die Flüssigkeit im Inneren des Kissens und es wird Wärme freigesetzt. So sei das auch hier: „Die Pumpe entzieht dem Wasser Wärme, bis es gefriert. Dabei entsteht Kristallisationswärme, die wir nutzen, um das Gebäude zu heizen.“ Eine Gas-Wärmepumpe im Inneren des Gebäudekomplexes bringt die gewonnene Wärme auf eine Temperatur, mit der man auch heizen kann. Dazu wird Zusatzenergie benötigt, in diesem Fall Erdgas. So lässt sich 30 bis 40 Prozent mehr Heizwärme erzeugen, als wenn Erdgas in einem Brennwertkessel direkt verbrannt würde.

Ist das Wasser des Eisspeichers gegen Ende des Winters komplett gefroren, kühlt es den Sommer über das Gebäude – als umweltfreundliche Klimaanlage. So wird es auch in Harburg sein. Peters und seine Kollegen rechnen fest damit, dass ihr Eisspeicher bis März komplett durchgefroren sein wird.

Um das Gebäude im Sommer zu kühlen, verlaufen in den Decken des Elbcampus mit Wasser gefüllte Rohre. Sie nehmen Wärme auf, wenn es in den Räumen zu heiß wird und leiten sie an den Eisspeicher weiter. Dort erwärmt sich das Eis, bis es wieder zu Wasser geworden ist, während kühles Wasser in das Gebäude geleitet wird. Dann beginnt der Prozess von vorn.

„Viele Energieberater kennen Eisspeicher gar nicht“, sagt Peters. Da sie Architekten berieten, wüssten diese über die neue Technologie meist nicht Bescheid und planten sie auch nicht ein. Dabei hätten Eisspeicher großes Potenzial – sowohl für die Industrie als auch für umweltbewusste Hausbesitzer. Je nach Haus- oder Gebäudetyp müssten Bauherren mit einer Investition von etwa 15.000 bis 20.000 Euro rechnen.

In der Klimaschutzwoche der Hamburger Wohnungsbaukreditanstalt vom 24. bis zum 27. Oktober kann der Eisspeicher (Zum Handwerkszentrum 1) am 25. Oktober um 16 Uhr kostenlos besichtigt werden. Anmeldung unter www.wk-klimaschutzwoche.de