Medien für alles

Das Praktikumsprogramm creativevillage zeigt seinen Teilnehmern seit zehn Jahren, was man mit Medien machen kann – und mit Eigeninitiative

VON INGA HELFRICH

„Wir wollten ein Praktikum anbieten, wie wir es selbst gern gemacht hätten“, sagt Sebastian Turner, Vorstandschef der Kommunikationsagentur Scholz & Friends. Aber natürlich kam ihm die Idee zu creativevillage nicht ganz uneigennützig. Vor zehn Jahren suchten er und sein Freund Paulus Neef, damals Chef des Multimediadienstleisters Pixelpark, händeringend nach guten Nachwuchstextern. Es war die Zeit der New Economy. Die Dotcom-Blase blähte sich gerade auf. Der Kommunikationsmarkt boomte.

Also starteten sie eine damals einzigartige Praktikumskooperation, um gemeinsam kreative Generalisten anzusprechen und durch ein vielseitiges Praktikumsangebot die besten Nachwuchskräfte für ihre Unternehmen zu finden. Als Kooperationspartner und nicht ganz so kapitalistischen Gegenpol holten sich die Vollblutkapitalisten die taz ins Boot.

„Wir wollten das Praktikum lohnend für alle Seiten gestalten – ohne die Praktikanten auszubeuten. Deshalb wurden unsere Praktikanten von Anfang an bezahlt“, sagt Turner. Zurzeit gibt es 400 Euro pro Monat. Außerdem können die Teilnehmer neben dem Praktikum Kurse an der Klara-Journalistenschule besuchen, zumindest für journalistisch Interessierte ein geldwerter Vorteil.

Dennoch hat es in den vergangenen zehn Jahre auch einige enttäuschte Teilnehmer gegeben. Denn auch in diesem besonderen Praktikum kommt es immer mal wieder vor, dass Praktikanten als billige Hilfskräfte missbraucht werden und am Ende eine der Stationen verlassen, ohne wirklich etwas dazu gelernt zu haben. Wer jedoch Eigeninitiative zeigt, hat gute Chancen, aus dem Kreativdorf eine ganze Menge neues Wissen mitzunehmen. Das ergab zumindest eine nicht repräsentative Umfrage unter ehemaligen Teilnehmern bei der Jubiläumsfeier am vergangenen Freitag.

Pixelpark ist vor einigen Jahren aus der Kooperation ausgestiegen. Dafür ist die UFA-Film- und TV-Produktionsgesellschaft nun mit dabei. Alle drei Stationen werden von den neun ausgewählten Bewerbern während des sechsmonatigen Praktikums durchlaufen. „Die drei Firmen sind Top-Referenzen und zieren jeden Lebenslauf“, findet Marc Ermer. Er hat das Praktikum vor acht Jahren gemacht und gestaltet heute die Internetseite der TU Braunschweig.

Christoph Herrmann wurde für das bevorstehende 21. Semester ausgewählt. Am ersten Oktober beginnt sein Praktikum bei der taz. Er hat Medienwirtschaft in Köln studiert und bisher viel gefilmt. Deswegen freut er sich nun darauf, journalistisch zu arbeiten, etwas Neues zu entdecken. „Vielleicht lande ich ja doch noch ganz woanders.“ Soll vorkommen, wie der Fall von Alexandra Müller aus dem 16. creativevillage zeigt. Vorher hatte sie überwiegend journalistisch gearbeitet. Nun ist sie bei einer großen PR-Agentur als Beraterin angestellt – allerdings nicht bei Scholz & Friends.

Die Übernahmequote ist momentan nicht besonders hoch. „Das verändert sich natürlich mit der Zeit. Nach dem Crash 2001 waren wir froh, wenn wir halbwegs schonend unsere Unternehmen verkleinern konnten“, sagt creativevillage-Mitbegründer Turner.

In den letzten Jahren ist die Zahl der Bewerber kontinuierlich gesunken. Woran das genau liegt, ist unklar. Vielleicht hat sich das Praktikumsmodell des generalistischen Überblicks überholt. Die meisten Studierenden überlegen sich heute sehr genau, wohin ihre Karriere führen soll und richten ihre Lebensläufe danach aus. Für alle, die es noch nicht so genau wissen, und solche, die sich alle Türen offenhalten wollen, bleibt creativevillage aber eine gute Idee.