Ausweitung der Parkzone

Trotz des Bürgerentscheids sehen SPD und Die Linke keine Veranlassung, an der Verkehrspolitik des Senats zu rütteln. Die Grünen beklagen die Abkehr von ökologischen Zielen; FDP und CDU feiern sie als Erfolg der Demokratie

Mehr Grünflächen, mehr Nutzer von Bus und Bahn sowie weniger Autofahrer, die den Anwohnern bei der Parkplatzsuche die Luft verpesten und die Straßen blockieren. Das sind Ziele, die der Senat im Stadtentwicklungsplan Verkehr unter dem Stichwort „Parkraumbewirtschaftung“ formulierte. Den Bezirken ist es überlassen, die Pläne im Einzelnen zu prüfen und durchzusetzen. Der Bürgerentscheid vom Sonntag hat sie nun in Charlottenburg-Wilmersdorf erst mal durchkreuzt.

Christian Gaebler, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, sieht dennoch keine Veranlassung für den Senat, seine Verkehrspolitik zu überdenken. Die Parkraumbewirtschaftung sei als Instrument, den innerstädtischen Verkehr zu reduzieren, nur „eine unter vielen anderen Maßnahmen und bei weitem nicht die vordringlichste“, sagte er der taz. Eine Signalwirkung von Charlottenburg-Wilmersdorf auf andere Stadtteile könne er nicht ausmachen.

Unterstützung erhält Gaebler vom Koalitionspartner. Auch Jutta Matuschek von Die Linke sagte, sie sehe keine Notwendigkeit für den Senat zu handeln. Zwar könnten sich ähnliche Initiativen in anderen Bezirken wiederholen, aber sie rechne damit, „dass die Bürgerinnen und Bürger dann nicht nur aus dem Bauch heraus entscheiden, sondern rational“, so Matuschek zur taz.

Für die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen, Claudia Hämmerling, sind dagegen in anderen Stadtteilen geplante Parkgebühren nun kaum mehr durchzusetzen. „Geiz ist geil, das ist die Nummer, die überall zieht“, so Hämmerling zu den Argumenten der Gebührengegner. Der Bürgerentscheid, der laut Gaebler von CDU und FDP auch finanziell massiv unterstützt worden ist, liege voll im Trend des rot-roten Senats. Der betreibe durch seine Maßnahmen zur Verkehrsregelung eine „eindeutige Verschiebung zugunsten des Autos und klimaschädlicher Fortbewegung“, so Hämmerling. Als Beispiel nannte sie die Förderung des Straßenbaus wie jüngst durch den Senatsbeschluss über den Autobahn-Neubau der A100. Eine „schleichende Abwendung von den ökologischen Zielen, die im Stadtentwicklungsplan festgesetzt sind“, sei nicht zu übersehen.

Für Martin Schlegel von der Naturschutzorganisation BUND bedeutet dies, „dass an anderen Schrauben gedreht werden muss“, um Lärm und CO2-Ausstoß in der Stadt zu reduzieren. Vor allem der öffentliche Nahverkehr müsse stärker ausgebaut werden, Projekte wie die Straßenbahnanbindung des Spittelmarkts müsse der Senat rascher angehen. Den Parteien, die Parkgebühren unterstützen, warf Schlegel vor, die Bevölkerung nicht hinreichend informiert und mobilisiert zu haben.

CDU und FDP verbuchten das Ergebnis vom Sonntag als Erfolg. Der CDU-Landesvorsitzende Ingo Schmitt zeigte sich überzeugt, dass „von diesem Ergebnis nun auch ein Signal für die gesamte rot-rote Verkehrspolitik ausgeht“. SVEN BEHRISCH