JANNIS PAPADIMITRIOU ÜBER DIE REGIERUNGSERKLÄRUNG VON ALEXIS TSIPRAS
: Sparen ohne Sparpolitik

Sogar die Troika könnte mit den „vier Prioritäten“ der Regierung Tsipras etwas anfangen

Es war eine Regierungserklärung in Kompaktform, mit der alle zufrieden sein können: Sparanhänger und Spargegner, gemäßigte und dogmatische Linke. Und sogar die verhasste Troika der internationalen Geldgeber könnte mit den „vier Prioritäten“ der Regierung Tsipras etwas anfangen – vor allem mit Priorität 4: Bekämpfung von Korruption und Klientelpolitik. Das hatten schon viele Regierungschefs angekündigt, aber nicht umsetzen können oder wollen. Tsipras’ Vorgänger, der konservative Antonis Samaras, ist nicht zuletzt daran gescheitert.

Tsipras scheint die Zeichen der Zeit erkannt zu haben und will den Gläubigern eine Kompromissformel vorlegen: Wenn ihr mir bei der geplanten Schuldenreduzierung entgegenkommt, werde ich die Reformen durchführen, die Samaras nicht mehr bereit war umzusetzen. Im Prinzip führte ja die EU zuletzt das Gleiche im Schilde – allerdings in anderer Reihenfolge: Wenn ihr die Reformen umsetzt, werden wir auch bei der Schuldenreduzierung helfen.

Haben wir jetzt also einen Deal? Schwer zu sagen, zumal niemand weiß, wie die neue Linksregierung die angekündigten Wohltaten finanzieren will. Neue Kredite sind wohl kein Thema, Tsipras hat bei der ersten Kabinettsitzung von einem „ausgeglichenen Haushalt“ geschwärmt. Vielleicht könnte Griechenlands neuer Kassenwart Janis Varoufakis mit gutem Beispiel vorangehen: Er werde die entlassenen Reinigungskräfte wieder einstellen, erklärte er. Das Geld werde er durch Ausgabenkürzungen im eigenen Haus und nicht durch neue Kredite zusammenkriegen. Die entlassenen Putzfrauen könnten ihren Job wieder bekommen, wenn man nur im Ministerbüro ein paar „Berater“ weniger engagiere, so Varoufakis. Interessanter Gedanke. Wieso war bisher niemand darauf gekommen?

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