Versöhnliche Signale statt kalter Konfrontation

EU-AUSSENMINISTER Die griechische Regierung stellt klar, dass sie die EU in der Frage der Sanktionen gegen Russland nicht spalten will

Wenn Tsipras sein Blatt überreize, könne er die EU spalten, warnen Pessimisten

AUS BRÜSSEL ERIC BONSE

Ja zu neuen Reiseverboten, vorerst Nein zu neuen Wirtschaftssanktionen gegen Russland: Diese Linie zeichnete sich am Donnerstag beim Krisentreffen der EU-Außenminister in Brüssel ab. Zuvor hatte die neue Regierung in Griechenland klargestellt, dass sie in der Ukraine-Russland-Politik nicht auf Konfrontationskurs zur EU gehen wolle.

„Griechenland arbeitet für eine Wiederherstellung von Frieden und Stabilität in der Ukraine“, betonte der neue griechische Außenminister Nikos Kotzias bei seiner Ankunft in Brüssel. „Gleichzeitig arbeiten wir daran, einen Riss zwischen der EU und Russland zu verhindern.“ Kotzias schlug damit deutlich gemäßigtere Töne an als Premier Alexis Tsipras.

Tsipras hatte sich in scharfen Worten von einer EU-Erklärung zu Sanktionen gegen Russland distanziert. Er sei nicht konsultiert worden, beschwerte sich Tsipras in einem Telefonat mit der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini. Sein Ärger galt allerdings vor allem dem neuen EU-Ratspräsidenten Donald Tusk, der für einen harten Kurs gegen Moskau plädiert.

Der ungewöhnliche diplomatische Vorfall hatte in Brüssel große Sorge ausgelöst. Die neue griechische Linksregierung könne nicht nur in der Wirtschafts-, sondern auch in der Außenpolitik auf Crashkurs gehen, fürchtet etwa der Chef des außenpolitischen Ausschusses im Europaparlament, Elmar Brok (CDU). „Wer grundsätzlich nicht mitmacht, muss auch wissen, dass er kein Erpressungspotenzial hat“, warnte Brok. Andere EU-Politiker sahen den Streit über die Russland-Sanktionen als Teil eines Machtpokers zwischen Athen und Brüssel. Wenn Tsipras sein Blatt überreize, könne er die EU spalten, warnten Pessimisten.

Doch schon gestern Vormittag kamen Entspannungssignale aus Athen. Der Streit drehe sich gar nicht um die Sanktionen, sondern um das Verfahren, schrieb der neue Finanzministers Janis Varoufakis in seinem Blog. Die EU habe die neue Regierung in Athen gar nicht um ihre Meinung gefragt, deshalb habe man protestiert.

Allerdings ist schon aus dem Wahlkampf bekannt, dass Tsipras und sein Team Sanktionen gegen Russland skeptisch gegenüberstehen. Die neue griechische Linksregierung steht damit indes nicht allein in Europa. Auch Finnland, Österreich und Luxemburg haben Vorbehalte – von dem bekannt putinfreundlichen Ungarn zu schweigen.

Frankreichs Staatschef François Hollande hatte sich zuletzt sogar für eine Lockerung der Strafmaßnahmen gegen Russland ausgesprochen. Und die EU-Außenvertreterin Mogherini hat sogar schon Optionen für den Ausstieg vorbereitet. Doch nach der jüngsten Eskalation in der Ostukraine vollzog Mogherini eine Kehrtwende und berief das aktuelle Sondertreffen ein.

Das Ergebnis des Treffens sei völlig offen, sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier zu Beginn der Beratungen in Brüssel. Durch die Vorbehalte der neuen griechischen Regierung sei „die Debatte auch nicht einfacher geworden“. Allerdings habe sich die Lage in der Ukraine nach den „Eruptionen von Gewalt wieder etwas beruhigt“.

Er erwarte, dass die EU weitere Reise- und Vermögenssperren verhängen werde, sagte der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn. Mit einer Einigung auf neue Wirtschaftssanktionen gegen Russland rechne er noch nicht. Ähnlich äußerte sich der französische Europastaatssekretär Harlem Désir. „Wir werden die Sanktionen verschärfen, die auf die Separatisten zielen und diejenigen, die sie unterstützen, Russland eingeschlossen.“

Demgegenüber hatte die Regierung in Kiew eine harte Antwort der EU auf die jüngsten Kämpfe im Südosten der Ukraine gefordert. Er habe in den vergangenen Tagen „mit jedem Minister“ der EU gesprochen und erwarte „robuste Maßnahmen“, sagte der ukrainische Außenminister Pawlo Klimkin in Brüssel.