Hoffen und Bangen in Europa

EURO-KRISE Aufatmen in Griechenland: Die Troika gibt die nächste Kreditrate frei. Derweil laufen Vorbereitungen für eine Ablehnung der EFSF-Aufstockung durch die Slowakei

Finanziell wäre ein Nein der Slowakei egal – doch der politische Schaden wäre enorm

VON ERIC BONSE
UND RUTH REICHSTEIN

BRÜSSEL taz | Griechenland kann wieder mit Hilfsgeldern rechnen. Am Dienstag beendete die Experten-Troika von der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds ihre Untersuchungen in Athen. Sie empfahl, die nächste Kreditrate von 8 Milliarden Euro an Griechenland auszuzahlen. Ohne das Geld wäre das Land in ein paar Wochen pleite.

Die griechische Regierung habe glaubhaft versichert, dem vereinbarten Sparprogramm weiterhin zu folgen, erklärten die Experten in einer knappen Mitteilung am Nachmittag in Athen. Deshalb solle die nächste Rate gezahlt werden. Allerdings stellten sie der Regierung ein durchwachsenes Zeugnis aus: Die Griechen seien bei verschiedenen Maßnahmen in Verzug geraten, aber die langfristigen Ziele seien nach wie vor erreichbar. So würden zwar die Einnahmen aus Privatisierungen bis zum Jahresende geringer ausfallen als erwartet, aber die Einrichtung eines unabhängigen Privatisierungsfonds sei bereits ein großer Fortschritt. Mit dessen Hilfe könnte das Ziel, bis 2014 rund 35 Milliarden aus dem Verkauf von Staatseigentum einzunehmen, erreicht werden.

Die Troika forderte die Griechen auf, die Reformen im öffentlichen Sektor und in der Steuerpolitik weiter zu forcieren. Dass die Steuereinnahmen in diesem Jahr nicht die vereinbarten Summen erreichen, läge zwar auch an dem Einbruch der Wirtschaft, aber die griechische Regierung sei auch für Verzögerungen bei den notwendigen Reformen verantwortlich. Insgesamt leide das Land unter der Rezession. Die Troika geht davon aus, dass sich die Wirtschaft erst 2013 wieder erholen wird.

Warten auf Bratislava

Unterdessen wartete Europa am Dienstag gespannt auf die Entscheidung der Slowakei über die Aufstockung des Euro-Rettungsschirms EFSF. Nachdem Malta in der Nacht zum Montag als 16. der 17 Eurostaaten zugestimmt hatte, fehlte nur noch das Votum aus Bratislava. Die entscheidende Sitzung des Parlaments dauerte bei Redaktionsschluss noch an; nachdem ein Koalitionspartner ein Nein ankündigte, obwohl Regierungschefin Iveta Radicova die Abstimmung mit einer Vertrauensfrage verknüpft hat, kündigte auch die Opposition an, mit Nein zu stimmen, was eine Ablehnung zur Folge hätte.

Die Frage, was in diesem Fall passiert, war in der EU bisher ein Tabu, um den Druck auf die Slowakei aufrechtzuerhalten. Hinter den Kulissen wurde allerdings intensiv über einem Plan B nachgedacht. Zum einen könnte – nach einem Rücktritt der Regierung – erneut abgestimmt werden. Zum anderen könnten die übrigen EFSF-Mitglieder theoretisch auch ohne die Slowakei weitermachen. Auf den Anteil aus Bratislava, der bei unter einem Prozent liegt, könne man zur Not verzichten, hieß es aus EU-Kreisen; vermutlich wäre angesichts der geringen Summe auch keine erneute Abstimmung in den anderen Staaten nötig. Allerdings wäre der politische Schaden enorm: Auch in anderen Ländern würde der Druck wachsen, aus der Eurorettung auszusteigen.

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