Die SPD zweifelt an den Zweifeln

EDATHY Im Untersuchungsausschuss stützen neue Zeugen die Anschuldigungen des Exabgeordneten

Für den SPD-Abgeordneten Michael Hartmann wird es jetzt eng

BERLIN taz | Neue Töne aus der SPD: „Wir haben Hinweise darauf, dass Sebastian Edathys Behauptungen zutreffen könnten“, sagte Eva Högl, Vorsitzende des Bundestagsuntersuchungsausschuss, am Donnerstag. Zuvor hatten Zeugen aus dem Umfeld des ehemaligen Abgeordneten Edathy ausgesagt und dessen frühere Aussagen untermauert. Grund für die Sozialdemokraten, von ihrer bisherigen Linie abzurücken. Sie hatten die Glaubwürdigkeit ihres in Ungnade gefallenen Parteikollegen stets angezweifelt.

Ausgerechnet zwei Angestellte der SPD-Fraktion leiteten jetzt den Wendepunkt ein. Beide arbeiteten einst als Büroleiter für Edathy; sie berichteten in nichtöffentlicher Sitzung über ein Gespräch mit ihrem Exchef im November 2013. Völlig aufgelöst sei dieser gewesen. Dafür habe er auch Grund gehabt. Edathy habe erzählt, dass er auf einer Liste mutmaßlicher Kinderpornokonsumenten stehe, die dem Bundeskriminalamt (BKA) vorliege. Diese Information habe er eine Woche zuvor vom SPD-Abgeordneten Michael Hartmann erhalten. Vor dem Ausschuss hatte Edathy das vor einigen Wochen ebenfalls behauptet und Hartmann dadurch schwer belastet: Hätte dieser seinen Genossen tatsächlich vor drohenden Ermittlungen gewarnt, könnten Ermittlungen wegen Strafvereitelung auf ihn zukommen. Seine politische Karriere wäre ebenfalls am Ende. Hartmann bezeichnet die Anschuldigungen bisher allerdings als frei erfunden.

Bislang stand seine Partei trotzdem geschlossen hinter ihm. Edathy könnte sich die ganze Geschichte tatsächlich ausgedacht haben, hieß es. Aus Rache an der SPD vielleicht, da diese nicht zu ihm hielt, nachdem die Ermittlungen gegen ihn im Februar 2014 öffentlich geworden waren. Diese These ist jetzt kaum mehr haltbar. „Als er im November 2013 mit seinen Büroleitern sprach, hatte Edathy noch kein Motiv, eine Geschichte zu konstruieren. Dass es tatsächlich zur Anklage kommt und er sein Mandat aufgeben wird, stand damals noch nicht fest“, sagte Frank-Tempel, Obmann der Linken. „Wenn man vor dem Scherbenhaufen seines Lebens steht und emotional sehr aufgewühlt ist, kann man kaum nebenbei so eine Story erfinden“, sagte Armin Schuster (CDU).

Damit nimmt der Druck auf Hartmann jetzt zu. Am Donnerstag wird er selbst wieder im Ausschuss aussagen. „Ich erwarte von ihm, dass er nächste Woche alles versucht, den Sachverhalt zu erhellen“, sagte Uli Grötsch (SPD). Dass er also auspackt, ob er Edathy tatsächlich gewarnt hat. Und falls ja, woher er selbst seine Infos hatte. Tatsächlich vom damaligen BKA-Chef Jörg Ziercke, wie Edathy behauptet?

TOBIAS SCHULZE