piwik no script img

Haus mit Tradition

PUBLIZIEREN Der Verlag C. H. Beck geht in die nächste Generation

Der Verlag C. H. Beck in München ist ein traditionsreiches und in seinem Kern sehr deutsches Unternehmen. Der Verlag, gegründet 1763, ist in siebter Generation im Familienbesitz. Zum 250. Geburtstag präsentierte das Haus mit Stolz eine 1.500 Seiten starke Verlagsgeschichte. Was den deutschen Kern des Unternehmens betrifft, so liegen die Dinge kompliziert, naturgemäß zwiespältig.

Den guten Ruf als führender Verlag auf dem schwierigen Geschäftsfeld „deutsche Geschichte“ erwarb sich der Verlag dank seines Chefs Wolfgang Beck, der das historisch-sozialwissenschaftliche Programm und besonders dessen Schwerpunkt seit 1973 prägt: die kritische Auseinandersetzung mit deutscher Geschichte. Aber das Geld verdient der Verlag nicht mit diesem engagierten Programm, sondern mit juristischer Fachliteratur. Diesen Bereich leitet Wolfgang Becks älter Bruder Hans Dieter – ein lukratives Geschäftsfeld, fast eine Lizenz zum Gelddrucken, denn die Herausgabe von Gesetzestexten und juristischen Kommentaren ist ein so krisensicheres Geschäft wie sonst nur die Sargproduktion.

Die Brüder

Hans Dieter Beck ist ein selbstsicher-hemdsärmlig auftretender Jurist, der seinen feinsinnigen und gebildeten Bruder Wolfgang beim Festakt zum 250. Geburtstag des Verlags gar nicht dezent spüren ließ, wo im Verlag das große Geld verdient wird. Neutrale Beobachter empfanden den Auftritt Hans Dieter Becks gar nicht als „bayerisch“-folkloristisch, sondern nur noch als peinlich grobianisch. Dieser Eindruck wurde verstärkt durch die Festschrift des juristischen Verlagsteils, die Uwe Wesel fahrig zusammenstoppelte, wobei er den nicht so honorigen Teil der juristischen Verlagsgeschichte zwischen 1933 und 1945, als der Gewinn auf das 35fache stieg, ausblendete oder gar aufhübschte.

Der 74-Jährige Wolfgang Beck erlebte das vergangene Jahr als „gesundheitlich prekär“, wie er Autoren und Freunden des Verlags mitteilte. Nach vierzig Jahren im Verlag übergibt er deshalb die Leitung seines Verlagsteils dem 1977 geborenen Sohn Jonathan. Dieser ist promovierter Ökonom mit Lehrerfahrung an Universitäten, arbeitet aber schon seit sieben Jahren im Verlag mit und hat sich, wie sein Vater schreibt, „inzwischen reichlich Durchblick, Professionalität und Führungserfahrung aneignen können“.

Wolfgang Beck bleibt Gesellschafter des Verlags und wird auch in Zukunft „da und dort – am Rand, sicherlich nicht im Zentrum – noch etwas ‚mitwerkeln‘“. Mit diesem Teilrückzug in den Ruhestand verliert die bundesdeutsche Verlagslandschaft eine ihrer profiliertesten und charmantesten Persönlichkeiten. Das Haus rechtzeitig zu bestellen gehörte einst zu den Tugenden kluger Monarchen. Dass dies dem von „royalen“ Allüren freien Wolfgang Beck gelungen ist, verdient größten Respekt. Dem Nachfolger sei die ebenso glückliche wie subtile Hand seines Vaters gewünscht.

RUDOLF WALTHER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen