Mit Tuk-Tuk zum Tiebou Dienne

Senegals Hauptstadt Dakar gefällt mit ihrem farbenprächtigen Alltagsleben. Wer ein paar Tage bleibt, hat die Chance, zu einem festlichen Begrüßungsessen eingeladen zu werden. Vor der Stadt liegen das Meer und die ehemalige Sklaveninsel Gorée

Für die Einreise ist ein gültiger Reisepass, aber kein Visum erforderlich. Der senegalesische Franc (CFA) ist an den Euro gebunden und sehr stabil. In den größeren Städten lässt sich mit der EC-Karte an Automaten Geld abheben; wer ins Landesinnere reist, sollte sich aber mit Bargeld eindecken. In der Regenzeit zwischen Juni und September ist es sehr schwül, von November bis Mai dafür trocken und angenehm warm. Neben Französisch wird auch Wolof gesprochen. Zahlreiche Fluggesellschaften bieten Flüge nach Dakar an, beispielsweise Air France von Berlin aus über Paris (ab 600 Euro). Preiswerte Hotels gibt es im ganzen Land. Die Schweizerin Ruth Isenschmid etwa bietet in Dakar eine hübsche Unterkunft in Meeresnähe. Infos unter www.senegal.net.tf. VE

VON VOLKER ENGELS

Dagegen wirkt Berlin grau und langweilig: Frauen in bunten Kleidern und mit kunstvoll aufgetürmten Kopftüchern, Kinder in farbigen Shirts, die am Straßenrand Kicker spielen. Das ist der erste Eindruck von Dakar, der Hauptstadt Senegals. Pferdekutschen schleppen auf den Sandstraßen der Außenbezirke Lebensmittel oder Baumaterial, manchmal liegt auf der Ladefläche auch frischer Fisch, der, durch eine Wolldecke gegen die gleißende Sonne geschützt, laut feilgeboten wird.

Für den Tranport werden die bunten Tuk-Tuks bevorzugt, bunt bemalte Kleinbusse, die nicht selten zehn oder mehr Passagiere befördern; ein oder zwei Fahrgäste hängen meist auf dem hinteren Trittbrett. Komfortabler, aber auch etwas teurer sind die großen Busse, die Dakars Bezirke miteinander verbinden. Permanent betätigen Taxifahrer die Hupen ihrer gelben Renaults. Oft, um zum Mitfahren einzuladen, nicht seltener, um ahnungslose Fußgänger, Schafe oder Esel zu warnen, die ungerührt die Straßen passieren.

Abwechslungsreiches städtisches Leben findet man in der senegalesischen Metropole, die am westlichsten Punkt Afrikas liegt, vor allem im Zentrum, rund um den Platz der Unabhängigkeit, Hier gibt es zahlreiche Märkte, auf denen Händler Haushaltswaren oder Lebensmittel wie getrockneten Fisch anbieten. Aber auch Schmuck, Schnitzereien, Amulette und magische Tierkrallen werden dem als Tourist erkannten Besucher offeriert.

Gegenüber dem kolonialen Bahnhof legt im Stundentakt die Fähre zur Insel Gorée ab, auf der heute zahlreiche Künstler ihre Bilder anbieten. Autos gibt es hier nicht, dafür kleine Gassen, alte Bäume und eine pralle Blütenpracht. Was heute friedlich und bezaubernd wirkt, war jahrhundertelang das Zentrum europäischer Barbarei: Von der Insel Gorée vor den Toren Dakars wurden Menschen als Sklaven nach Übersee verschleppt. Noch heute laufen einem beim Besuch des Sklavenhauses, das ein kleines Museum beherbergt, Schauer über den Rücken, wenn man die Geschichten über Menschen liest, die wie Säcke in den Bäuchen der Schiffe gestapelt wurden. Seit 1978 gehört die Insel zum Weltkulturerbe der Unesco.

Jenseits des Innenstadtbereichs, der mit seinem Regierungsviertel und teils sehr europäisch anmutenden Straßen viele Touristen anzieht, liegen die Außenbezirke wie Parcelle Assiane. „In diese Gegend verirren sich nur wenige Touristen“, weiß Ruth Isenschmid, die hier eine kleine Pension betreibt. Die gebürtige Schweizerin, deren Unterkunft nur einen Steinwurf vom Tag und Nacht brausenden Atlantik entfernt liegt, schätzt das Ursprüngliche: „In den Markthallen hier kann man in Ruhe und vor allem sehr preiswert bummeln und einkaufen“, so die ehemalige Sozialarbeiterin, die in ihrem Haus auch Trommelkurse anbietet. Und tatsächlich: Freundlich und mit viel Geduld erklären die Händler, wie die teils exotisch anmutenden Lebensmittel zubereitet werden: „Einfach mit Wasser übergießen und einige Stunden stehen lassen, das schmeckt sehr gut“, sagt die bunt gekleidete Rochaya, die in der Nähe des Busbahnhofs in einer Halle Früchte verkauft.

Was auf den ersten Blick wie Styropor aussieht, das mit kleinen Fäden verbunden ist, entpuppt sich als das Innere einer Affenbrotbaumfrucht. Das Leben in den kleinen Gängen der Halle ist bunt, Lebensmittelstände mit Obst, Fleisch oder getrocknetem Fisch gibt es ebenso wie kleine Schneidereien, Juweliere oder Läden, die religiöse Bücher verkaufen. Obwohl neun von zehn Senegalesen dem Islam anhängen, ist das Miteinander der Religionen entspannt. „Muslime sprechen sehr respektvoll von Christen – und umgekehrt“, sagt Adama, der ein Renault-Taxi steuert. „Es gibt sogar Friedhöfe, auf denen Christen und Muslime nebeneinander beerdigt sind“, sagt der gläubige Muslim.

Immer wieder gibt es Einladungen zum Essen, bei denen das traditionelle Tiebou Dienne serviert wird: Auf einem großen Blech wird Reis mit Möhren, Süßkartoffeln, Paprika und Zwiebeln serviert, mit reichlich gebratenem Fisch. Anschließend bereitet Lamine, der im Haus seiner Familie zum Essen geladen hat, den Atajy, grünen Tee mit frischer Minze und viel Zucker, der in einer Teezeremonie zubereitet wird. Immer wieder wird der starke Tee umgegossen, „damit genug Sauerstoff hineinkommt“ und eine stabile Schaumkrone entsteht.

Ende Februar haben Wahlen stattgefunden, der amtierende Präsident hat sich behaupten können. Ein Thema auch in Lamines Familie: Bruder Scharif deutet auf den Fischrest: „Die kleinen Fische bleiben den Senegalesen, die großen und wertvollen Fische gehen ans Ausland.“ Eine berechtigte Kritik: Denn riesige Kutter aus Europa oder Asien fischen in den senegalesischen Hoheitsgewässern. Gegen diesen industriellen Fischfang haben die einheimischen Fischer auf ihren kleinen, bunten Piroggen, die vor allem die regionalen Märkte versorgen, keine Chance. Dafür findet sich die Hauptnahrungsquelle der Senegalesen in unseren lustigen Fischstäbchen wieder. Eine beunruhigende Entwicklung für eine Bevölkerung, die im Jahresdurchschnitt gerade mal 600 US-Dollar verdient und auf die Nahrungsquelle Meer angewiesen ist.

Ein Sozialsystem, das zumindest die härteste Armut lindert, gibt es nicht. Ein Beleg dafür sind die Bettler, die ihren Zehnten einfordern. Belohnt wird der Spender mit Gebeten und guten Wünschen. Doch davon bekommen zahlreiche Touristen, die Senegal besuchen, überhaupt nichts mit. Viele werden in den riesigen Clubanlagen regelrecht weggeschlossen und verlassen sie nur in einer Gruppe, klagt Amadou, der sich bis vor zehn Jahren selbst als Animateur um deutsche Touristen gekümmert hat. „Das Land und seine Bewohner lernt man so nur sehr beschränkt kennen, das ist schade“, sagt er mit mildem Spott. Denn um Senegals traumhafte Strände, die Mangrovenwälder oder die vielfältige Tierwelt kennenzulernen, sollte man seine Clubanlage schon verlassen. Es lohnt sich.