edmund becker
: Es menschelt

Edmund Becker machte sich dann doch Sorgen. Noch am Abend rief er ein paarmal Jörg Bock, den Pressesprecher des Klubs an, um sicher zu sein, dass auch alle von den zwei freien Tagen erfahren haben. Er meinte das Umfeld des KSC, die Spieler wussten längst Bescheid als sie noch am Abend des 3:1 über Borussia Dortmund zum „Auslaufen“ beordert wurden. Es menschelt im Wildpark. Das ist vielleicht eines der Geheimnisse des Erfolgs, den jetzt alle zu ergründen suchen, wenn sie die Tabelle lesen. Dort steht der Aufsteiger aus Baden auf Rang drei.

„Ihr dürft alles schreiben“, sagte Trainer Becker. „Valencia, Uefa-Cup, alles. Ich geh jetzt essen.“ Gegen Valencia hatte der KSC 1994 im Uefa-Cup-Halbfinale ein legendäres 7:0 erzielt. Die Äußerung sollte ein kleiner Seitenhieb auf die Schlagzeilen werden, die den unerwarteten Erfolg beschreiben und ausschmücken würden. Und sie sollte zeigen, in Karlsruhe steht zumindest der Trainer mit beiden Beinen jederzeit auf dem Boden der Tatsachen.

Becker legte seine Stirn noch einmal in Falten und meinte: „Wenn ich sehe, was jetzt alles bei Thomas Doll passiert, dann weiß ich, wir müssen jetzt genießen, was wir haben“. Becker entschwand, um mit seinem Trainerstab einen gemütlichen Abend in einem Restaurant zu verbringen. „Wir wollten schon lange essen gehen“. Dort haben sie wieder über sein Lieblingsthema „Lebensqualität“ gesprochen. Becker, das betont er überall, will sich vom Geschäft Profifußball nicht vereinnahmen lassen.

Was sich vor den Kabinen abspielte, wird ihn bestärkt haben. Draußen brüllten ein paar aufgebrachte Dortmunder Anhänger unflätige Kommentare als sich der quietschgelbe Mannschaftsbus der Borussia in Bewegung setzte und der Krise daheim entgegenfuhr. Selbst die Karlsruher Neulinge hatten Witze über die Innenverteidigung des BVB gerissen. „Wir haben nicht gedacht, dass sie so viele Räume lassen“, staunte Mario Eggimann, der KSC-Kapitän.

Sie treten auf, als wären sie sich jetzt schon sicher, dass sie bestehen können in der Bundesliga. Daran glaubt auch Trainer Edmund Becker immer mehr. Der wollte eigentlich nicht unbedingt Trainer in der ersten Liga werden, und „ich wusste gar nicht, ob ich das drauf habe“. Jetzt gefällt es dem Rotweinfreund Becker ganz gut und das Essen am Samstagabend mit den Trainerkollegen soll lecker gewesen sein.

OLIVER TRUST