Bombenanschlag beunruhigt Ferienparadies

Das Attentat auf Touristen auf den Malediven trifft das autokratische Regime in einer kritischen innenpolitischen Lage

DELHI taz ■ In Malé, der Hauptstadt der Malediven, ist am Wochenende eine Bombe explodiert, die zwölf ausländische Touristen – Chinesen, Japaner und Briten – verletzte. Der Sprengsatz wurde in einem Park im Zentrum von Malé gezündet worden, in unmittelbarer Nähe zum Hauptquartier der Streitkräfte. Der maledivische Innenminister erklärte am Montag, der „feige Terrorakt“ sei der erste Anschlag in der Geschichte des Landes. Es seien bisher zehn Verdächtige festgenommen worden, darunter zwei Bürger aus Bangladesch.

Staatspräsident Maumoon Abdul Gayoom erklärte, Oppositionsparteien und maledivische Menschenrechtsgruppen im Exil seien „mitschuldig“. Sie gefährdeten mit ihrem Aufruf zum Boykott des Fremdenverkehrs „den Frieden und die Stabilität des Landes“. Der im sri-lankischen Exil lebende Präsident der „Maledivischen Demokratischen Partei“, Mohammed Lateef, wies den Vorwurf zurück.

Die nervöse Reaktion zeigt, dass die Bombe das Regime an einer empfindlichen Stelle treffen kann. Die paradiesisch im Indischen Ozean gelegene Kette von über 1.200 Inselatollen ist eine populäre Destination des westlichen Luxustourismus. Im letzten Jahr erhielt das Land über eine halbe Million Besucher, weit mehr, als es selber Einwohner hat. Der Tourismus bildet die wichtigste Einnahmequelle. Allerdings haben politische Unruhen Ausländer in der Vergangenheit kaum berührt. Sie wohnen in Strandhotels auf einigen Dutzend abgelegenen Inseln, auf denen sonst keine Einheimischen leben. Malé, mit 100.000 Einwohnern die einzige Stadt des Landes, wird meist nur für Tagesausflüge aufgesucht.

Die Nervosität des Regimes ist aber auch das Resultat des wachsenden politischen Widerstands. Präsident Gayoom ist der älteste amtierende Diktator Asiens – er regiert seit 1978. Seine autokratische Herrschaft wurde in den letzten Jahren immer stärker angegriffen. Internationale Kritik, namentlich von amnesty international und der EU, hat ihn bewogen, im Land eine gewisse Meinungsfreiheit zuzulassen und eine Opposition zu dulden. Nächstes Jahr sollen die ersten Parlamentswahlen stattfinden, und es wird spekuliert, dass der siebzigjährige Gayoom die Präsidialgewalt einschränken wird. Kritiker bemängeln allerdings, es handle sich dabei um kosmetische Verbesserungen. Demonstrationen in Malé werden regelmäßig hart unterdrückt und politische Gegner inhaftiert.

Die zunehmende Unruhe im Land hat den Tourismus bisher nicht beeinträchtigt, auch weil die Kritik des westlichen Auslands zurückhaltender geworden ist. Gayoom ist es bisher gelungen, den offenen und toleranten islamischen Glauben der mehrheitlich sunnitischen Bevölkerung zu bewahren. Eine Demokratisierung könnte religiösen Parteien Auftrieb geben. Aufrufe zum Dschihad aus dem Ausland werden unterdrückt, und die diskrete Präsenz von Geheimdiensten aus Indien, Großbritannien und den USA soll dafür sorgen, dass die strategisch gelegene und relativ ungeschützte Inselgruppe nicht plötzlich zu einem Angriffsziel wird. Im Jahr 1988 war es einem Geschäftsrivalen Gayooms beinahe gelungen, mit Hilfe einer sri-lankischen Rebellengruppe und ihrer Kanonenboote das Regime zu stürzen. Der Putsch misslang, weil Indien sofort Luftlandetruppen einsetzte. An der Untersuchung über die Explosion des vergangenen Wochenendes beteiligt sich auch das FBI.

BERNARD IMHASLY