LESERINNENBRIEFE
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Nur eine Randnotiz

■ betr.: „Chefs für öffentlichen Atommüllfonds“, taz vom 2. 2. 15

Leider nur in einer Randnotiz auf Seite 8 berichtet die taz darüber, dass die Atomlobby wieder einen Erfolg bei den Regierungsparteien verbuchen kann. Denn beide Vorsitzenden (CDU und SPD) der „Endlager-Kommission“ sprechen sich für einen Fonds aus, in dem die AKW-Betreiber Rückstellungen für die Entsorgung der radioaktiven Abfälle „schrittweise“ einzahlen sollen. Und das ist genau das, was Eon, RWE, EnBW und Vattenfall seit geraumer Zeit fordern. Schmackhaft wird das gemacht mit der Überlegung, die Klagesummen bei den Klagen gegen den Atomausstieg zu reduzieren.

Im Klartext bedeutet das, nicht mehr das Verursacherprinzip gilt, sondern im Endeffekt zahlt mal wieder der Steuerzahler, der ja auch schon über Subventionen den Bau und den Betrieb dieser Anlagen finanziert hat und nun auch die Abfallbeseitigung – siehe Asse und Gorleben. Jahrzehntelang durften die AKW-Betreiber subventionierte Gewinne in Milliardenhöhe einfahren und die Umwelt vergiften, ohne dafür gerade zu stehen. Und jetzt stehlen sie sich aus jeglicher Verantwortung, offensichtlich mit dem Segen der Regierungsparteien. Diese große Koalition stellt alle Spielregeln der Demokratie in Frage und die Bürger ins Abseits, zu Gunsten der Wirtschaft und des Kapitals. ALBERT WAGNER, Bochum

Kapitalerträge höher besteuern

■ betr.: „An einer Eskalation hat niemand Interesse“, Interview mit Peer Steinbrück, taz vom 3. 1. 15

Sagt Herr Steinbrück: „Man darf Kapitalerträge wie Dividenden und Zinsen nicht anders besteuern als Arbeit.“

Doch! Höher. GERD WAHLENS, Marl

Selektive Wahrnehmung

■ betr.: „Es wird Zeit, Alarm zu schlagen“, taz vom 30. 1. 15

Claus Leggewies Exegese der Hintergründe der aktuellen griechischen Regierungspolitik ist ein weiterer Beleg für die selektive Wahrnehmung der Krise quer durch fast alle politischen Lager in Deutschland. Die Stigmatisierung von Syriza als Bewegung des Nationalismus sowie einer damit einhergehenden Abkehr von „liberalen“ Werten markiert allerdings einen neuen „Höhepunkt“ in der Debatte.

Leggewies verschwurbelter Historienbezug der griechischen Linken negiert simpelste Tatsachen. Hauptziel von Syriza ist die Entlastung der griechischen Bevölkerung von den katastrophalen Folgen des vor allem in Brüssel und Berlin betriebenen Austeritätskurses. Diese Priorität bestimmt zwangsläufig auch die Wahl des Koalitionspartners Anel. In beiden Punkten handelt die neue griechische Regierung so wie es jede andere europäische Regierung in einer ähnlichen Situation auch täte: entsprechend den nationalen Dringlichkeiten und innenpolitischen Kräfteverhältnissen. Seit wann ist die Wahrnehmung nationaler Verantwortung gleichbedeutend mit Nationalismus?

Leggewie irrt also, wenn er meint, Tsipras Koalition mit Anel sei ein Tabubruch. Den nämlich beging der konservative Ex-Premier Samaras (Nea Dimokratia) noch kurz vor der Parlamentswahl mit seiner aufgeflogenen Verquickung mit den Faschisten von Chrysi Avgi. Ein wirklicher Tabubruch war auch die Zusammenarbeit zwischen Nea Dimokratia und Pasok mit der rechtsextremen LAOS-Partei, gegen die wiederum Anel ein konservativer Spaßverein ist. Merkwürdigerweise gab es damals keinen Aufschrei der selbsternannten politisch Korrekten. Vielleicht lag es ja daran, dass die Einbindung von LAOS eine Voraussetzung für die Durchsetzung der Kürzungspolitik des im Westen geschätzten, gleichwohl nicht demokratisch gewählten, sondern von Brüssel eingesetzten Ministerpräsidenten Loukas Papademos war. Auch damals fand der unerhörte Vorgang keine Kritik. Demokratie und liberale Werte hin oder her.

Ebenso unreflektiert schlägt Leggewie Alarm ob einer Hinwendung von Syriza zu Putin. Russland ist seit 2013 der größte Handelspartner Griechenlands. Sowohl die Sanktionen gegen Russland als auch die Gegensanktionen treffen Griechenland besonders hart. In dieser Situation selbst um den Preis nationalen Schadens eine bedingungslose Gefolgschaft Athens zu fordern, ist kein Aufruf zur Solidarität, sondern die Forderung nach der Preisgabe einer eigenständigen Politik. Als alarmierend kann die Abkehr Griechenlands von der Unterstützung der EU für die Ukraine zudem nur jemand bezeichnen, der die westliche Mitverantwortung für den Konflikt komplett ausblendet. Syriza hat bekanntlich die Beschneidung der Macht der griechischen Oligarchen zur Priorität erklärt. Es ist deshalb kaum anzunehmen, dass die neue Regierung in Athen mit einer Annäherung an Russland die Übernahme der dortigen Machtverhältnisse plant.KOSTAS KIPUROS, Leipzig

Jahrzehntelanger Kampf

■ betr. „Das wilde Rückgrat des Parks“, taz vom 2. 2. 15

Umgekehrt wird ein Schuh daraus, Frau Werneburg. Bürgerinitiativen gründen sich in den 70er und 80er Jahren in Westberlin, um das Gelände des Gleisdreiecks vor der Bebauung durch die Stadtautobahn Westtangente zu schützen. Sie waren mit diesem jahrzehntelangen Kampf erfolgreich, auch weil sie immer als Alternative einen Park auf diesem wild verwucherten Gelände forderten. Eine anderweitige Bebauung des Geländes war nie ernsthaft im Gespräch. Heute hat sich das Bürgerengagement in anderer Form dankenswerterweise bei der Parkgestaltung fortgesetzt, wenngleich die Erfolge bei der Erhaltung von möglichst viel der ursprünglichen Vegetation nicht gerade groß waren. KARL-HEINZ LUDEWIG, Mitglied der damaligen BI Westtangente, Berlin