Internationale Leitlinien gegen Landraub verzögern sich

HUNGER Die Vereinten Nationen verschieben Beschluss. Wenn Investoren Land in Entwicklungsstaaten kaufen, soll auch das Gewohnheitsrecht der bisherigen Nutzer anerkannt werden. Kleinbauern betroffen

BERLIN taz | Die Verhandlungen der Vereinten Nationen zu den geplanten Regeln gegen Landraub (Land Grabbing) sind ins Stocken geraten. Das Welternährungskomitee habe die „Freiwilligen Leitlinien zum Umgang mit Land“ nicht wie geplant am Montag verabschieden können, erklärte die UN-Landwirtschaftsorganisation FAO. Es müsse in den nächsten Monaten eine weitere Verhandlungswoche geben.

Die Grundsätze sollen dazu beitragen, dass die Rechte der Bevölkerung vor Ort nicht verletzt werden, wenn zum Beispiel Investoren aus reichen Ländern in armen Ländern Land pachten oder kaufen. Seit 2001 haben Entwicklungsländer nach einer Studie der Hilfsorganisation Oxfam bis zu 227 Millionen Hektar, eine Fläche von der Größe Westeuropas, vor allem internationalen Investoren überlassen. Oft werden dabei Kleinbauern von ihrem Land vertrieben, sodass sie hungern müssen.

Deshalb haben die etwa 60 an den Verhandlungen beteiligten Staaten sich bereits darauf geeinigt, dass auch durch Gewohnheitsrecht erworbene Landnutzungsrechte nicht verletzt werden dürfen. „Auch das Recht auf Nahrung darf bei Investitionen in Land nicht verletzt werden“, berichtete eine Sprecherin von Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU). Zudem sei vereinbart worden, dass Frauen gleichberechtigten Zugang zu Land haben sollten.

Strittig ist aber noch, ob internationale Anleger für Menschenrechtsverletzungen haften müssen, die von ihren Investitionen verursacht werden. „Bisher schieben viele Unternehmen die Schuld dafür einfach auf die Regierungen der betroffenen Länder“, sagte Benjamin Luig, Landexperte des katholischen Hilfswerks Misereor.

Marita Wiggerthale von Oxfam sieht in den geplanten Leitlinien „einen ersten wichtigen Schritt“. Auf sie könnten sich Betroffene später berufen. Allerdings verpflichten die Leitlinien juristisch gesehen kein Land, sie auch in seine Gesetze zu übernehmen. JOST MAURIN