Die erste Sitzung in Athen

PARLAMENT Die Abgeordneten legen einen politischen Eid ab

ATHEN taz | Einziger Tagesordnungspunkt war die Vereidigung der Volksvertreter. Dabei gab es eine historische Premiere: Erstmals legte die Mehrheit der insgesamt 300 Abgeordneten einen politischen Eid ab. Zu diesem Schritt entschlossen sich die allermeisten Volksvertreter der Linkspartei Syriza, der Kommunisten sowie der neu gegründeten sozialdemokratischen Partei To Potami („Der Fluss“).

Konservative und rechtsgerichtete Abgeordnete, aber auch sämtliche Sozialdemokraten zogen den religiösen Eid der griechisch-orthodoxen Kirche vor, ein Volksvertreter wurde auf den Koran vereidigt. Bei der konstituierenden Sitzung erschienen auch die 17 Abgeordneten der rechtsradikalen „Goldenen Morgenröte“. Sie dürfen voraussichtlich auch am Freitag bei der Wahl eines neuen Parlamentspräsidenten mitmachen. Als aussichtsreichste Kandidatin für das Amt gilt die streitbare Juristin und Linkspolitikerin Zoe Konstantopoulou. Ihre Wahl soll ein Zeichen setzen für den angekündigten Kampf der Linkspartei gegen Korruption.

Mit den EU-Partnern brechen

Erstmals nach seiner bitteren Wahlniederlage meldete sich am Donnerstag der Parteichef der Konservativen Antonis Samaras zu Wort. In einer Rede vor seiner Parlamentsfraktion kritisierte er die Reisediplomatie von Premier Tsipras und Finanzminister Varoufakis und erklärte, die Linkspartei befinde sich auf einem Irrweg: Entweder riskiere sie den Bruch mit den EU-Partnern aus einer Position der Schwäche oder sie bereite sich gerade auf einen Rückzieher vor. Sollte Tsipras die europäische Orientierung Griechenlands in Frage stellen, dann würden die Konservativen mit aller Kraft gegensteuern. Für Samaras geht es auch um sein eigenes politisches Überleben: Vermutlich spekuliert der Konservativen-Chef auf ein Ende der Regierung Tsipras infolge ungelöster Konflikte mit den EU-Partnern.

Die jüngste Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB), griechische Staatsanleihen nicht mehr als Sicherheiten zu akzeptieren (siehe Text unten), sorgt unterdessen in Athen für Furore. Dies sei „eine Schlinge um den Hals Griechenlands“, kommentierte der Athener TV-Sender Mega. Regierungssprecher Gabriel Sakellaridis erklärte, Griechenland wolle in diesem Zusammenhang niemanden erpressen, sich aber auch nicht erpressen lassen.

Für den Donnerstagabend war in Athen erstmals eine Protestveranstaltung gegen die Europäische Zentralbank angesetzt. „Wir lassen uns nicht erpressen, wir haben keine Angst“, erklärten über Facebook die Veranstalter, die sich als „Bürgerinitiative“ ausgaben. Ob sie eine Verbindung zur regierenden Linkspartei haben, ist nicht bekannt.

JANNIS PAPADIMITRIOU