Waldbrandsommer ist endlich vorbei

Die Bilanz der Waldbrände im Mittelmeerraum ist in diesem Jahr verheerend, vor allem in Griechenland

MADRID taz ■ In Spanien machten schon heftige Regenfälle der Waldbrandsaison ein Ende, und auch in Italien sind ergiebige Niederschläge vorausgesagt. Dennoch geht der Sommer 2007 als einer der schlimmsten Waldbrandperioden in die Geschichte ein, vor allem in Griechenland. Hier stand der Peloponnes in Flammen. Bis Ende August fielen 269.114 Hektar Wald und Ackerland den Feuern zum Opfer. 11 Prozent dieses Landes gehörte zu Naturschutzgebieten. 110 Dörfer wurden zerstört. Über 60 Menschen verloren durch Flammen und Rauch ihr Leben.

„Doch Griechenland ist nur die Spitze des Eisberges“, weiß Paulo Barbosa, Chef des Europäischen Informationssystems für Waldbrände (Effis). Es war für den gesamten europäischen Mittelmeerraum ein Katastrophenjahr. Insgesamt wurden bis zum 31. August 810.056 Hektar von den Flammen zerstört. Das ist 2,5-mal mehr Fläche, als im Vorjahr in ganz Europa Waldbränden zum Opfer fiel. Erstmals stehen dabei nicht nur die klassischen Länder wie Portugal, Spanien, Italien Frankreich und Griechenland ganz oben auf der Liste. „Dieses Jahr erfassten die Flammen auch Südosteuropa“, erklärt Barbosa. Allen voran Albanien: Mit 111.034 Hektar abgebrannter Fläche liegt das kleine Land nach Griechenland (269.114 Hektar) und Italien (133.933 Hektar) auf Platz 3 der traurige Europa-Rangliste.

Ob der Klimawechsel an der zunehmenden Heftigkeit der Feuersbrünste schuld ist, dazu will Barbosa noch keine endgültige Meinung äußern. Doch eines sei klar: „Die klimatischen Phänomene wie extreme Trockenheit, Hitze und Stürme häufen sich.“ Alle drei Faktoren fördern die Waldbrände. Deren Zahl bleibe in den letzten Jahren stabil. Doch die abgebrannten Flächen nehmen zu.

„Die Folgen sind verheerend“, berichtet der spanische Wissenschaftler und Präsident der Europäischen Gesellschaft für Bodenkonservierung (ESSC), José Luis Rubio. „Wo es oft brennt, verliert die gesamte Vegetation jeglichen Halt“, weiß er. Diese Gebiete sind dann der Erosion durch Wind und starke Regenfälle schutzlos ausgesetzt. Die Folge: Desertifikation. Dieses Phänomen ist im gesamten spanischen Süden und Osten zu beobachten, und selbst rund um die norditalienische Hafenstadt Genua sind ganze Landstriche verödet.

Die wirtschaftliche Folgen lassen nicht auf sich warten. Die Landwirtschaft verliert Böden. Die Erosion lässt die Stauseen versanden. Die erodierten Böden können nur wenig Wasser aufnehmen. Straßen und Bahnschienen werden bei heftigen Regenfällen immer häufiger von den Fluten beschädigt.

„Die Waldbrände in der Ausbreitung, wie wir sie heute haben, sind ein Phänomen, das wir erst seit den 70er-Jahren kennen“, berichtet Rubio. Das fällt zeitlich mit der aufblühenden Bauspekulation an der Mittelmeerküste zusammen. Brandstiftung ist neben unvorsichtigen Touristen, Bauern und Hirten einer der Hauptgründe dafür, dass Sommer für Sommer Feuer ausbrechen. 95 Prozent der Brände gehen auf den Eingriff des Menschen zurück.

Auch in Griechenland war jetzt wieder von der Baumafia die Rede. Vor allem an der Küste und rund um Athen, wo die Bodenpreise hoch sind, wird Bauland durch Brandstiftung erschlossen. Einmal abgebrannt kann jeder bauen. Danach werden die Behörden bestochen, das Grundstück samt Häuser ins Register eingetragen. Die Vereinigung der Immobilienmakler in Athen empfiehlt deshalb ein Waldregister. Wenn dort ein Grundstück als Wald eingetragen wäre, wäre es nach einem Brand nicht als Bauland zu nutzen.

In Italien und Spanien gibt es bereits Gesetze zum Schutz des Waldes. In Italien dürfen abgebrannte Flächen zehn Jahre lang nicht zu Bauland umgewidmet werden. Doch Wirkung zeigt dies bisher nur wenig. Denn die Umsetzung hängt von den Gemeinden ab. Und diese versäumen es oft, die Ländereien als Brandland ins Register einzutragen. In Spanien ist seit 2006 ein Gesetz in Kraft, das die Umwidmung von abgebranntem Land zu Bau- oder Ackerland für 30 Jahre verbietet. Ob dieses Gesetz etwas bewirkt, wird sich erst noch zeigen müssen. Dieses Jahr brannte es in Spanien nur wenig. Der Rückgang der Brände in Spanien und Portugal hat allerdings natürliche Ursachen. Diesen Sommer regnete es hier überraschend viel. REINER WANDLER