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Bürgermeister setzt auf Kinderknast

GESCHLOSSENES HEIM

Am Dienstag soll es vorliegen, das Konzept für ein neues geschlossenes Jugendheim in Bremen. Mit dieser ambitioniert zu nennenden Aufgabe betraute Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) Anfang der Woche eine Arbeitsgruppe aus dem Sozial-, Gesundheits-, Innen- und Justizressort.

Die Eile sah er geboten, weil am Wochenende zuvor die Polizei von Vorfällen und Attacken berichtete, die von einer Gruppe von 20 bis 25 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen ausgegangen sein sollen – wieder einmal. Laut Polizei haben die wenigen Jugendlichen ein seitenlanges Straftaten-Konto. Bürgermeister Böhrnsen sagt nun, die Dauer-Delinquenz der zwei Dutzend Kinder könnte die Stimmung zur Aufnahme von Flüchtlingen insgesamt zum Kippen bringen. Das geschlossene Heim soll die Lösung sein.

Freie Wohlfahrtsverbände kritisieren das Vorhaben. Bremen sollte einen bereits anderweitig gescheiterten Weg nicht beschreiten, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Sie fordern ein gemeinsames Vorgehen von Jugendhilfe, Justiz und Polizei und eine „intensivpädagogische Betreuung dieser Jugendlichen“.

Auch ein Sprecher der Bremer Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) verweist auf Negativbeispiele wie die geschlossene Einrichtung der Haasenburg GmbH, die wegen Menschenrechtsverletzungen dichtgemacht wurde. Im Einzelfall sei „ein Festsetzen“ jedoch nötig.

Der Hamburger Kriminologe Michael Lindenberg indes nannte Böhrnsens Vorschlag in der taz „reine Symbolpolitik“. Weder Straftaten könnten verhindert werden noch gebe es Belege zum pädagogischen Erfolg. Auch sei ein geschlossenes Heim nicht unbedingt „angenehmer“ als eine reguläre Haft.  JPB

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