Lobby-Maulkorb für Journalisten

URTEIL Die Deutsche Post finanziert über ihre Stiftung ein Bonner Wirtschaftsforschungsinstitut. Dass die Forscher Lobbyismus betreiben, darf ein Publizist laut dem Landgericht Hamburg aber nicht behaupten

KÖLN taz | Das Landgericht Hamburg hat dem Kölner Publizisten Werner Rügemer die Behauptung untersagt, das Bonner Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA) betreibe Lobbying. Außerdem darf Rügemer nicht mehr den Eindruck erwecken, dass das IZA nicht über seine private Finanzierung durch eine Stiftung der Deutschen Post informiere. Rügemer will gegen das Urteil in Berufung gehen.

Der Journalist hatte unter anderem in einem Beitrag in den Blättern für deutsche und internationale Politik das IZA als Beispiel für eine spezielle Form des „unsichtbaren Lobbyings unter staatlichem Siegel“ angeführt. Das IZA ist Teil der Universität Bonn, die Grundfinanzierung erhält es aber von der Deutschen Post-Stiftung, die vom Konzern Deutsche Post finanziert wird. Hauptaktivität der Stiftung ist die Förderung des IZA. Rügemer hatte geschrieben, dass „die private Finanzierung der breiten Öffentlichkeit völlig unbekannt“ sei. Die Klage des Institutsdirektors Klaus Zimmermann gegen diese beiden Punkte war erfolgreich. Rügemer darf sie nicht mehr wiederholen.

In zwei weiteren Punkten hat Zimmermann verloren. In dem Beitrag hatte Rügemer über das IZA auch geschrieben, es bezeichne sich „faktenwidrig“ als „unabhängig“. Von freier Wissenschaft könne hier „beim besten Willen nicht gesprochen werden“. Die Klage gegen diese beiden Passagen hat das Gericht abgewiesen.

Trotzdem gibt sich das Institut zufrieden. „Das Klageverfahren konnte erstinstanzlich vor dem Landgericht Hamburg sehr erfolgreich für das IZA abgeschlossen werden“, heißt es in einer Stellungnahme. Die schriftliche Urteilsbegründung liegt noch nicht vor, trotzdem verbreitet das IZA bereits eine Interpretation in seinem Sinne.

Der Tenor des Urteils impliziere, dass nichts von dem, was beklagt worden sei, von Rügemer wiederholt werden dürfe. Zudem habe dessen Rechtsanwalt klargestellt, sein Mandant habe nicht zum Ausdruck bringen wollen, dass das IZA Gefälligkeitsgutachten erstellt habe oder Vorgaben folge.

Er habe überhaupt nichts von Gefälligkeitsgutachten oder Vorgaben geschrieben, sagt dagegen Rügemer. „Deshalb war die Klarstellung auch kein Problem.“ In den Punkten, in denen er unterlegen ist, will Rügemer jedoch in Berufung gehen. Er habe weiteres Material, um seine Äußerungen belegen zu können.

ANJA KRÜGER