Eine Woche für die kranke Seele

Mit einer Veranstaltungsreihe will ein Bündnis aus Ärzten und Betroffenen psychische Erkrankungen enttabuisieren

Antriebslosigkeit, Schlafstörungen, Müdigkeit – psychische Erkrankungen beginnen oft mit scheinbar harmlosen Anzeichen. Doch ohne die richtige Behandlung können sie zu ebenso schwer wiegenden Krankheiten führen wie körperliche Schmerzen. Unter dem Motto „Es gibt keine Gesundheit ohne psychische Gesundheit“ läuft derzeit die erste „Berliner Woche der seelischen Gesundheit“. Die Initiatoren, ein Bündnis aus Selbsthilfegruppen, Ärzteverbänden und Forschungseinrichtungen, will der nach wie vor hohen Tabuisierung psychischer Erkrankungen etwas entgegensetzen und Hilfsangebote für Betroffene vorstellen.

„Seelische Störungen zählen mittlerweile zu den häufigsten Krankheiten in unserer Gesellschaft“ sagt Wolfgang Gaebel, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN). Von etwa 15 Prozent aller Deutschen wisse man, dass sie im Laufe des Lebens von Depressionen betroffen seien, doch die Dunkelziffer sei hoch, sagt Gaebel, der die Aktionswoche mit veranstaltet. „Viele Patienten suchen erst gar keinen Arzt auf, sei es aus Unwissenheit, Verdrängung oder Schamgefühl“.

Die Aktionswoche soll dazu beitragen, dies zu ändern. Bei mehr als 70 Veranstaltungen in der ganzen Stadt können sich Interessierte und Betroffene noch bis Sonntag darüber informieren, was passiert, wenn die Seele krank wird.

Das Themenspektrum ist breit: Von Fachgesprächen zu Schizophrenie, Angststörungen oder Anti-Stigma-Arbeit über Tanz- und Filmvorführungen bis hin zu Informationsabenden über kulturelle Unterschiede im Verständnis psychischer Krankheiten oder den Zusammenhang zwischen seelischem Wohlbefinden und einem gesunden Wohn- und Arbeitsumfeld.

Parallel bieten Selbsthilfegruppen und Fachkliniken offene Sprechstunden an, unter anderem zu Themen wie HIV und Psyche oder Depression bei Lesben und Schwulen.

Die Initiatoren versuchen dabei besonders Zielgruppen wie Jugendliche und Migranten zu erreichen. So können Schüler am heutigen Freitag bei einer Tagung zu Hirnforschung und Psychologie „Einblicke ins Ich“ erhalten. Samstag lädt die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie in Buch zum Tag der offenen Tür.

Für Migranten, bei denen psychische Erkrankungen oft lange Zeit unentdeckt bleiben, bietet das „Berliner Bündnis gegen Depression“ Hilfsangebote und spezielle Übersetzungsdienste an (siehe Interview). Den Abschluss der Aktionswoche bildet am Sonntag der erste Berliner „Körper und Seele Lauf“ im Tiergarten.

Die Initiatoren sehen die Veranstaltung als Pilotprojekt. „Das Ziel ist, die Woche der seelischen Gesundheit in den kommenden Jahren als festen Termin deutschlandweit zu etablieren“, so Gaebel. NANA HEIDHUES

Informationen unter: www.aktionswoche.seelischegesundheit.net