„Sonst gibt es hier gar nichts“

ORTSTEILKONFERENZ In Burglesum wird über die drohende Schließung von Jugendclubs diskutiert

■ 61, ist Diplom-Sozialpädagoge und Einrichtungsleiter des Jugendclubs Fockengrund in Burglesum.

taz: Herr Pohl, werden die Jugendeinrichtungen in Burglesum einfach weggekürzt?

Michael Pohl: Sie werden in dem Sinn nicht weggekürzt. Doch wenn die Sozialraum-Koordinatoren in diesem Jahr ihre Daten veröffentlichen, kann eine Kürzung von 100.000 Euro auf uns zukommen. Dabei müssen wir schon jetzt einen drastischen Sparkurs fahren.

Wie sieht der aus?

Wir mussten unsere Honorarkräfte nach Hause schicken. Zu uns kommen drei Mal die Woche jugendliche Flüchtlinge, die hier Fitness machen: Ohne Honorarkräfte stehen sie vor einer verschlossenen Tür. Auch unser Budget für Reparaturen mussten wir auf null runterfahren. Außerdem müssen wir mit Mitteln von monatlich 65 Euro für unser Programm auskommen. Das Jahr 2014 haben wir mit einem Minus von 8.800 Euro abgeschlossen. Das wird für die Trägerin, die AWO, zum Problem.

Könnte eine positive Bewertung des Stadtteils durch die Sozialraum-Koordinatoren zu weniger Budget in der Jugendarbeit führen?

Burglesum schneidet in der Bewertung nach den Sozialindikatoren aktuell positiv ab. Dabei galten wir noch vor einem halben Jahr als das problematischste Wohngebiet im Stadtbezirk. Die Entwicklung ist ähnlich wie bei dem Programm „Wohnen in Nachbarschaft“. Die Lebensbedingungen in benachteiligten Quartieren sollen verbessert werden: Daraus entstehen zwar gute Projekte, doch am Ende der Maßnahmen endet die Unterstützung durch das Programm. So viel zum Thema Nachhaltigkeit.

Gibt es für die Jugendlichen in Burglesum Alternativen?

Es gibt hier gar nichts, die Jugendlichen fahren in die Waterfront oder nach Vegesack. Für diesen Stadtteil wäre die Schließung der Super-GAU. 84 Prozent haben hier einen Migrationshintergrund, der Jugendclub ist also auch ein Ort für Integration. Der Haushaltsposten für die Kinder- und Jugendarbeit in Bremen ist verschwindend gering: 0,3 Prozent des Gesamtetats der Hansestadt. So geht es nicht weiter. Gerade angesichts der Wahl will ich wissen, wer sich für die Jugendarbeit in Bremen einsetzt. INTERVIEW: MERLIN PRATSCH

Öffentliche Ortsteilkonferenz: 13 Uhr, Alte Zigarrenfabrik, Stader Landstraße 46