Mäusepingeln mit dem Handy

Ein sprunghafter Anstieg ist bei böswilligen Feuerwehralarmen in Niedersachsen zu verzeichnen. Experten rätseln über die Ursachen. Der Täterkreis scheint ausgemacht: Wahrscheinlich sind es Schüler. Ihnen drohen saftige Strafen

Der Streich heißt je nach Region Klingelmännchen, Mäusepingeln oder Klingelputzen – und er scheint heutzutage durch eine moderne Form des anonymen Ärgerns ersetzt worden zu sein: „Die Frühstückspause in der Schule bringt ohne Frage ein erhöhtes Einsatzgeschehen“, sagte Branddirektor Bruno Moravec gestern bei der Vorstellung der Feuerwehr-Jahresstatistik in Hannover.

Wirklich erklären kann sich Moravec, der im niedersächsischen Innenministerium für Feuerwehren zuständig ist, aber nicht, wieso die Zahl der „böswilligen Alarme“, bei denen die Brand- und Katastrophenschützer im Land im vergangenen Jahr ohne Grund ausrücken mussten, auf 827 angestiegen sind – das sind satte 50 Prozent mehr als 2005. Wahrscheinlich liege der rasante Zuwachs daran, dass immer mehr Jugendliche Mobiltelefone besäßen, mutmaßt Brandmeister Moravec. Die Schüler hätten wohl „Spaß daran“, von Blaulichtern und Martinshörnern umgeben zu sein.

Die nutzlosen Einsätze belasten die insgesamt 132.500 haupt- und ehrenamtlichen Feuerwehrleute im Land immer stärker. Insgesamt stieg die Zahl ihrer Einsätze zwischen Harz und Nordsee im vergangenen Jahr um 7,2 Prozent auf 97.500. Dabei gab es insgesamt über 20.000-mal Brände zu bekämpfen, dazu kamen 56.000 technische Einsätze – darunter verstehen die Brandschützer Einsätze vom Elbehochwasser bis zur Fußballweltmeisterschaft.

Mit Fehlalarmen hatte es die niedersächsische Feuerwehr dabei im vergangenen Jahr ohnehin genug zu tun: Über 12.000-mal rückte man unnötigerweise aus. Wenn die Helfer aber gerufen werden, um sich damit einen Jux zu machen, findet das bei der Feuerwehr niemand witzig. Allerdings ist es nicht leicht, die Bösewichte dingfest zu machen: Nur fünf bis zehn Prozent der Übeltäter würden erwischt, sagt Moravec. Vor allem, dass viele Schüler ein so genanntes Prepaid-Handy haben, dem keine Adresse zuzuordnen sei, mache die Identifizierung der Anrufer schwierig.

Wer allerdings erwischt wird, hat dann mit saftigen Strafen zu rechnen: Je nach Schaden könne es sich „um mehrere Tausend Euro handeln“, sagt Bruno Moravec. Bei Fehlalarmen in „chemischen Fabriken kann das schnell fünf, sechs oder siebentausend Euro kosten“, springt ihm sein Dienstherr bei, CDU-Innenminister Uwe Schünemann. Und darin sind sich alle einig: „Das ist“, sagt Schünemann, „kein Spaß.“ KAI SCHÖNEBERG