Zustimmung nur unter mehreren Bedingungen

EURO-LÄNDER Nicht nur die Bundesregierung, auch andere Länder hatten Schwierigkeiten, eine Stimmenmehrheit für den Rettungsschirm zu bekommen

In Österreich bekam die Regierung keine Unterstützung der Oppositionsparteien FPÖ und BZÖ

Die Eurorettungspakete bringen nicht nur die deutsche Bundeskanzlerin in Schwierigkeiten. Auch in zahlreichen anderen Euroländern mussten Regierungen um ihre Mehrheiten zittern. In der Slowakei ist die Regierung sogar an der Eurofrage zerbrochen. Die sozialdemokratische Opposition in Bratislava stimmte der Erweiterung des EFSF erst zu, nachdem die konservative Premierministerin Iveta Radicova zurückgetreten war.

Der niederländische Premierminister Mark Rutte hofft diesem Schicksal noch zu entgehen. Aber das Parlament in Den Haag schaut mit Argusaugen, was der Premier in Brüssel verspricht und mit beschließt. Ähnlich wie in Deutschland muss auch in den Niederlanden das Parlament bei jeder Erweiterung des EFSF zustimmen. Das ist allerdings noch komplizierter als in Berlin, denn die Regierung von Rutte hat keine eigene Mehrheit. Die rechtsliberale Freiheitspartei, die die Regierungskoalition üblicherweise unterstützt, ist nämlich gegen die Rettungspakete. Deshalb ist Rutte auf die Stimmen der Sozialdemokraten angewiesen und die knüpfen ihre Zustimmung an Bedingungen: Sie fordern eine Finanztransaktionsteuer, eine Beteiligung der Banken und einen Kommissar, der in Zukunft über die Haushaltsdisziplin der Euroländer wacht. Ob Rutte ihnen all das aus Brüssel mitbringen kann, ist fraglich.

Den bisherigen Rettungspaketen und -schirmen haben alle Parlamente der 17 Euroländer zugestimmt. Die Rechtspopulisten waren überall dagegen – so stimmten die „Wahren Finnen“, die größte Oppositionspartei in Helsinki, gegen die Erweiterung des EFSF. Aber die Stimmen der Sechsparteienkoalition reichten zur Durchsetzung. Auch in Österreich bekam die Regierung keine Unterstützung von FPÖ und BZÖ. Kurzzeitig war die notwendige Zweidrittelmehrheit dort sogar gefährdet, weil die oppositionellen Grünen sich von der Regierung schlecht informiert fühlten und die Abstimmung zeitweise blockierten.

In Belgien stimmten alle Parteien für den Rettungsschirm – außer die zwölf Abgeordneten des rechtsextremen Vlaams Belang und ein Abgeordneter der Liste Dedecker, die ebenfalls dem rechten Rand zugeordnet wird.

In den Ländern, die bereits von den Hilfszahlungen profitieren, Irland, Griechenland und Portugal, gab es bei den Abstimmungen keine Probleme. Das Gleiche gilt für Spanien und Zypern. In allen Ländern unterstützte auch die Opposition die Eurohilfe. In Zypern gab es gerade mal eine Enthaltung, in Malta sogar eine einstimmige Entscheidung. Auch in Estland, Slowenien und Luxemburg gab es eindeutige Mehrheiten. In Luxemburg stimmten zwei Parteien gegen die EFSF-Aufstockung. Die beiden eher linken Parteien ADR und déi Lénk forderten einen Schuldenschnitt für Griechenland und die Ansiedlung des EFSF innerhalb der europäischen Institutionen.

Das italienische Parlament hat der EFSF-Erweiterung ebenfalls zugestimmt – allerdings begleitet von heftigen Debatten vor allem über die Sparpolitik im eigenen Land (siehe Seite 2). Frankreich war das erste Land, das dem Hilfspaket grünes Licht gegeben hat. Dort haben sich die Sozialisten komplett enthalten. Sie kritisieren das Projekt als nicht weitreichend genug und forderten die Einführung gemeinsamer Staatsanleihen aller Euroländer – der sogenannten Eurobonds.

RUTH REICHSTEIN