Warum Susan B. sterben „musste“

betr.: „Ehrenmord: Ich würde sie wieder töten“, taz vom 10. 10. 07

Wenn ich den Bericht richtig verstanden habe, dann „musste“ Susan B. nicht nur deshalb sterben, weil der Mann, mit dem sie zu welchem Zweck auch immer verheiratet (worden) war, nicht nur ausgesprochen menschenverachtend dumm gemacht worden war (das Patriarchat ist bekanntlich ein weites Feld und nicht nur für Frauen ein Gefängnis).

Sie musste auch sterben, weil sie der Residenzpflicht unterlag und deshab nicht im Frauenhaus bleiben konnte; sie als aus dem Irak stammende Frau nach „gescheitertem“ Asylverfahren nur geduldet war; weil geduldete IrakerInnen ausreisepflichtig sind und deshalb abgeschoben werden können (und werden! Die Flugverbindung nach Erbil steht!); weil geschlechtsspezifische Verfolgung ja nur da stattfindet, wo ein Mann einer Frau nicht durch Ehe oder Verwandtschaft begründet an den primären Geschlechtsorganen „rumpuhlt“; weil ein Kontaktverbot zwar ausgesprochen, aber nicht präventiv durchgesetzt werden kann; weil in der eher traditionell landsmannschaftlichen kurdischen Werteordnung den Frauen die Gleichberechtigung halt im Unterschied zum Grundgesetz nicht gewährt worden ist; weil Ehescheidung nicht unter mittelbare staatliche politisch motivierte Verfolgung fällt; weil wir ja nicht alle Verfolgten aufnehmen können, nicht mal dann, wenn sie Frauen sind; weil sie glaubte, die deutsche Justiz helfe ihr und das vorübergehend noch geduldete vertraute Umfeld könne ihr und dem Kind noch ein kleines Weilchen erhalten bleiben.

Hab ich was ausgelassen, vergessen? Außer, das eine ordentliche deutsche Ehefrau, wenn sie denn Anwältin ist, nicht für solche Menschen wie Susan B. tätig sein sollte, weil das kein Geld bringt? …

CHRISTINE RÖLKE-SOMMER, Berlin