„Das Individuum sehen“

LESUNG Peter Schmidt erzählt in seinem Buch, wie er als autistischer Mensch den Berufsalltag erlebt

■ 48, ist Vorsitzender des Vereins Autismus Bremen.

taz: Herr Buhlert, welche Berufschancen haben Autisten?

Magnus Buhlert: Das ist, wie bei allen Menschen, individuell. Der Autismus-Begriff umfasst ja ein breites Spektrum. Vor allem müssen sie einen Arbeitgeber finden, der die Besonderheiten akzeptiert und den Gewinn in den Fähigkeiten der Person sieht. Ein Feld ist zum Beispiel die IT-Branche, ein Bereich, in dem man sehr akkurat und exakt arbeitet.

Welche Probleme ergeben sich?

Generell fällt es Menschen mit Autismus schwerer, sich in Gruppen zu integrieren. Die große Mehrheit hat keine Beschäftigung, weil ein ausgeprägtes Sozial- und Teamverhalten vorausgesetzt wird. Dazu gehört zum Beispiel einzuschätzen, was das Gegenüber mit seiner Mimik und Gestik ausdrückt. Wir sind nicht der Meinung, dass man einen Umgang damit ermöglichen sollte, sowie ein geeignetes Arbeitsumfeld.

Gibt es spezielle Angebote?

Unser Verein betreibt mehrere Therapiezentren und ist Gesellschafter für Wohneinrichtungen. Zudem bieten wir das Jobpaten-Projekt an, das Menschen mit Autismus dabei unterstützt, eine Lehrstelle oder einen Arbeitsplatz zu finden.

Wie groß ist das Verständnis für die individuellen Bedürfnisse?

Viele haben Vorurteile und wissen nur wenig über die Störung. Zusätzlich neigen viele Autisten von sich aus nicht dazu, in die Öffentlichkeit zu gehen. Das unübliche Sozialverhalten erschwert es ihnen, in der Arbeitswelt Fuß zu fassen und vielen Arbeitgebern fällt es schwer, sich auf Autisten einzulassen. Sie sollten jedoch die Gesamtperson sehen und sich die einzelnen Leute mit ihren Fähigkeiten angucken.

INTERVIEW: MERLIN PRATSCH

19 Uhr, Martinsclub, Buntentorsteinweg 24/26