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: Eine Geschichte hilft immer: Ein König, der gerne tanzt, und andere Kinderbücher

Moderne Lyrik und Essays, Prosa noch wenig bekannter Autoren, grafisch ausgefeilte Buchkunst – und damit auch noch Geld verdienen? Irgendwie „kook“, was im Amerikanischen so viel wie „spinnert, verrückt“ bedeutet. Aber so spinnert ist das offenbar gar nicht, denn immerhin gestaltet Daniela Seel in ihrem Kookbooks Verlag nun schon seit vier Jahren ein ideen- und erfolgreiches Programm. Dazu gehört auch eine kleine Kinderbuchreihe, in der nun die Nummer drei erschienen ist. Ein quadratisches Buch mit Seiten wie aus dem Rechenheft, auf denen der kugelförmige Angler Pim und der wurstlange Taucher Pipa als scherenschnittartige Figuren zu gemeinsamen Abenteuern aufbrechen. Sie befreien einen Drachen aus einem Baum, spielen Seilspringen, radeln auf den Mond und erfinden eine Geschichte, denn „eine Geschichte hilft immer“. Dabei spricht Pim englisch und Pipa deutsch, aber dies ist nicht einfach ein zweisprachiges Bilderbuch. Pim und Pipa sind ausgeprägte Individuen, weshalb sie die Dinge zwar gemeinsam, aber doch unterschiedlich erleben.

Ein anderes außergewöhnliches Bilderbuch kommt aus Nordkorea. Schon vom Cover schaut einen dieses in eine fremde ockerfarbene Tracht mit Mütze gekleidete Kind so verloren an, dass man es gleich an die Hand nehmen möchte. „Wann kommt Mama?“ heißt der Titel, und auch dieses Buch ist zweisprachig, wobei die koreanische Schrift sehr fremd anmutet. Aber fremd ist ja fast alles in dieser Geschichte: die mit Kreide hingeworfenen Trachten der Menschen, das aquarellierte gelb-grüne Licht, die Einsamkeit des Kindes, das an der Straßenbahn vergeblich auf seine Mutter wartet. Dann fängt es an zu schneien, das Kind allein am Bildrand vor einem übermächtigen Himmel. Was für ein trauriges Ende, würde man denken, hätte man nicht als Erklärung gefunden, dass in Korea der Schnee Schutz und Schönheit bedeutet und wohl die Ankunft der Mutter signalisiert. Eine merkwürdig archaische und doch mehrdeutige Situation. Es ist das Jahr 1938, Korea von den Japanern besetzt. Aber dieses Kind ist wie aus der Welt gefallen, es sucht seine Mutter, mit ihr wäre und wird alles gut. Erfunden hat diese Geschichte der 1904 geborene Schriftsteller Lee Tae-Jun, umgesetzt hat sie ein junger Zeichner von heute.

Extrovertiert und fröhlich, mit keckem Strich und knalligen Farben, kommt hingegen das Bilderbuch von Jutta Treiber und Iris Wolfermann daher. Ein König, der geliebt wird, weil er so gut tanzen kann. Und der deshalb König ist, weil er immer als Erster mit dem Tanzen beginnt – wie sympathisch! „Denken, Tanz und Lebensfreude“ sind in diesem Königreich Qualitäten, welche einen guten Bürger ausmachen. Aber der Präsident von Andersland, auf Staatsbesuch beim tanzenden König, fragt nur: „Wo sind die Soldaten?“ Da treffen zwei Lebenskonzepte aufeinander, und die Autorinnen lassen keinen Zweifel, welchem sie den Vorzug geben. Selten liegen kindgerechte Freundlichkeit und Satire so schön nah beieinander.

Und noch ein kleiner Tipp: In jedes Kinderzimmer gehört auf jeden Fall „Das große Astrid Lindgren Liederbuch“. Von Seeräuber-Opa Fabian bis Kalle Blomquist kann man hier all jene Lieder nachsingen, die meistens im Zusammenhang mit den Verfilmungen entstanden sind und einem seither eh im Kopf rumschwirren. Mit Noten, Texten, Akkorden und Gitarrengriffen. ANGELIKA OHLAND

Andreas Töpfer, Samara Chadwick: „Durch dick und dünn. Through thick and thin“. Kookbooks, Idstein 2007, 48 Seiten, 14,90 Euro Lee Tae-Jun, Kim Dong-Seong: „Wann kommt Mama? Aus dem Koreanischen von Klaus Schrimer“. NordSüd Verlag, Zürich 2007, 40 Seiten, 13,80 Euro Jutta Treiber, Iris Wolfermann: „Der König tanzt“. Annette Betz, Wien und München 2007, 12,95 Euro „Hej, Pippi Langstrumpf! Das große Astrid Lindgren Liederbuch“. Oetinger, Hamburg 2007, 41 Seiten, 12,90 Euro