berliner szenen In der DT-Box

To Moscow? No!

Mascha, Olga und Irina, nie kann ich die drei voneinander unterscheiden. Ist Irina die Lehrerin? Oder ist es Mascha? Oder ist Mascha die, die sich zweimal verliebt hat und trotzdem verheiratet ist? Und heißt Olga nicht jedes Mal wieder Dascha, wenn ich versuche, den drei Schwestern Namen zuzuordnen? Und welche von den dreien arbeitet in der Stadtverwaltung? Nur den Bruder mit seiner spießigen Frau, die kann man nicht verwechseln. Aber die spielen heute nicht mit, nur der Regisseur – oder Spielführer, der sitzt an der Seite und bellt die Kommandos, nach rechts, nach links, und der ist die Gegenwart.

Was für ein Tag ist heute? Der 5. Mai, und Irina hat Geburtstag, behauptet Irina. Nein, heute ist nicht der 5. und auch nicht Mai. Where are you? In Moskau. Nein. Nicht Moskau, aber auch nicht die Kleinstadt in der Provinz mit den Birken und dem Militär und Oberstleutnant Wereschinin. Ja, Mascha, auch der nicht. Heute ist heute. Die Szene: weiß, drei Stühle und ein kleiner Paravent mit Birken, hinter den gerade eine Gitarre passt oder Mascha, wenn die Gitarre in der Hand von Olga ist, die immer „The whistle is blowing“ singt, mit dem Zug ist sie weg, hundert Meilen, na ja, das kann nicht heute gewesen, heute fuhr kein Zug. Hier. In der Gegenwart. In Berlin. Börlin, sagt Irina, mit ihrem amerikanischen Akzent. Und überhaupt ist Irina noch schöner geworden, seit sie ein Kind hat. So ist das eben, sagt Mascha und zuckt mehr als die Schultern, bis der Spielführer sie zur Ordnung ruft und gleich darauf: Feuer! Feuer schreit.

Das hat uns gerade noch gefehlt, wo es schon so warm ist und die Luft zum Schneiden. Die Flammen lecken außen an der Wand. Behaupten die Schwestern, die russischen.

ANNETT GRÖSCHNER